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Vom Bürostuhl direkt
in die Weltrangliste

BI-Open-Siegerin Kristina Barrois eine Spätstarterin

Von Franz Braun
Bielefeld (WB). Mit Bielefeld wird die Tennisspielerin Kristina Barrois immer den erfolgreichen Start ihrer Profikarriere verbinden. Im vergangenen Jahr spielte sich die Saarländerin durch die Qualifikation, um dann am 29. August den Siegerpokal entgegennehmen zu können. »Dieser Erfolg hat meine Entscheidung, es auf der Profitour zu versuchen, natürlich bestärkt«, erinnert sich Barrois.

Noch während der ersten Qualifikationsspiele vor einem Jahr hatte Barrois im Gespräch mit dem WESTFALEN-BLATT ihre Pläne offen gelegt. »Ich möchte es als Tennisprofi probieren«, erklärte die Saarländerin und ahnte noch nicht, dass sie sechs Tage später mit dem überraschenden Turniersieg den ersten erfolgreichen Schritt tätigen würde. Im Zeitraum von nur zwölf Monaten hat die Siegerin der fünften Bielefeld Open mit ihren Erfolgen für eine Geschichte im Damentennis gesorgt, die nicht nur positiv ist, sondern auch außergewöhnlich.
Sie ist immerhin schon 23 Jahre alt und für die Profikarriere damit eine Spätstarterin, denn im Durchschnitt beginnen die Damen schon mit 17 Jahren. »Das Alter spielt keine Rolle. Andere sind mit 23 Jahren schon verbraucht«, erklärt der Konditions- und Krafttrainer Bernd Franke. Der Ex-Keeper der deutschen Nationalmannschaft (sieben Einsätze) und von Eintracht Braunschweig (348 Bundesligaspiele) begleitet wie schon im Vorjahr seinen Schützling.
Als Juniorin machte sie sich keinen großen Namen. »Ich wollte nicht raus«, erklärt die 23-Jährige, die auch heute noch bei den Eltern in Urexweiler (3000 Einwohnern)
wohnt. Zum anderen hatte ihre Ausbildung als Regierungsinspektorin Vorrang. Für die Bielefeld Open 2004 musste die Saarländerin noch einen Teil ihres Jahresurlaubs opfern, doch nach dem sie im Dezember ihre letzte Prüfung erfolgreich ablegte, entsprach das saarländische Innenministerium ihrem Wunsch, beruflich drei Jahre für den Sprung ins Profitennis freigestellt zu werden.
Wie schon in Bielefeld sorgte die Tennisspät-Starterin bei den Deutschen Meisterschaften im Dezember 2004 für Furore. In Isernhagen wurde sie Vizemeisterin. Das war aber eigentlich nur der Aufgalopp zu weiteren Taten.
Bis Ende Februar 2005 spielte Kristina Barrois fünf 10000 Dollar-Turniere, von denen sie drei gewann. »Von sechs Turnieren habe ich fünf gewonnen«, ist Barrois selbst erstaunt über diesen Erfolg. Nach zwei Monaten war sie in den Top 500 angekommen und derzeit steht sie auf Rang 342.
Barrois, die in jungen Jahren nicht zu viel spielte, musste in den vergangenen zwölf Monaten dafür richtig ran. Punkte mussten her für die Weltrangliste. Im März bekam sie, wie sie es nennt »die Quittung«. Der Rücken meldete sich und verlangte eine Pause. Für das zweite Jahr hat Barrois, die im Landesleistungszentrum des Saarländischen Tennis Bundes (STB) mit Privatcoach Patrick Schmidt trainiert, ihre Ziele schon gesteckt. Erst die höher dotierten Turniere im ITF-Circuit spielen, dann über Qualis in die WTA-Turniere kommen. »Aufgrund meiner WTA-Position habe ich jetzt den Vorteil, dass ich nicht mehr so zahlreiche Turniere spielen muss und ich mir sie nun gezielt aussuchen kann«, erklärt die Titelverteidigerin der Damen-Konkurrenz in Bielefeld. Dann soll bis zum Ende des Jahres ein Platz in der Weltrangliste unter 300 erreicht sein. Zunächst aber möchte sie natürlich den Erfolg bei den Open in der Stadt am Teuto wiederholen. Dies ist bisher noch keiner Spielerin gelungen.
Unter Druck setzt sich die Saarländerin nicht. Sie kann es gelassen angehen. Falls es nicht klappt: Ihr Bürostuhl im Innenministerium bleibt bis Ende 2007 frei.

Artikel vom 26.08.2005