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Küntzel hat sich empfohlen,
von Heesen ist voll des Lobes

Arminia im Test: Das offensive Mittelfeld ist wie eine Wundertüte

Von Hans Peter Tipp
und Dirk Schuster
Bielefeld (WB). In keinem anderen Mannschaftsteil hat sich beim Fußball-Bundesligisten Arminia Bielefeld seit der vergangenen Saison ein solch radikaler Wechsel vollzogen wie im offensiven Mittelfeld. Patrick Owomoyela, der Nationalspieler, Ervin Skela, der Umstrittene, und Delron Buckley, der Treffsichere: Sie alle sind nicht mehr da. Bei unserem Arminia-Test (Folge 4) blicken wir auf die Nachfolger.

Noch ehe eine feste Formation gefunden war, brachte der Ausfall David Kobyliks (Innenbandriss) Thomas von Heesen ins Rotieren. So dünn ist der DSC-Kader besetzt, dass der Trainer nur über interne Verschiebungen seinem Ziel einer wettbewerbsfähigen ersten Elf nahe kommt. Also: Woher nimmt von Heesen in Bremen seinen linken Außendienstler?
Eine gute Antwort auf diese Frage hat Marco Küntzel gegeben. Arminias Allzweckwaffe wurde beim letzten Test Samstag in Melle gegen SC Heerenveen in die Startelf berufen. Und rechtfertigte auf dem linken Flügel seinen Einsatz mit einer ebenso engagierten wie aufgabentreuen Leistung. »Marco war nach seiner fiebrigen Erkältung schnell wieder drin. Er hat die Sache angenommen, sich nicht fünf Mal gedreht am Ball, sondern abgespielt.« Küntzel kennt von Heesens System, weil es auch das System des Ex-Trainers Uwe Rapolder ist. Und weil Küntzel vergangene Saison unter Rapolder auch schon links im Mittelfeld spielte und überzeugte, gilt er hier erst recht nach seinem positiven Melle-Mitwirken wohl als erste Wahl. Der gelernte Stürmer Küntzel sagt selbstbewusst: »Wenn ich gesund bin, brauche ich mich hinter niemandem zu verstecken. Ich weiß ja, was ich kann. Und nach meiner Leistung gegen Heerenveen bin ich optimistisch, in Bremen anspielen zu dürfen.«
Dass der Coach schon zu Serienstart in die defensive Schatzkiste greift, ist unwahrscheinlich. Tobias Rau im Mittelfeld vor Abwehrspieler Markus Schuler - das wäre dennoch ein linkes Pärchen, das die Arminia auch von außen auf Touren bringen könnte. »Ganz sicher eine denkbare Variante«, findet auch Rau. Wenn beide Linksverteidiger erst wieder richtig gesund und eingespielt sind, wäre es schade, wenn einer von der Bank aus zuschauen müsste.
Es wird noch einige Zeit vergehen, ehe in Bielefeld nicht mehr von Delron Buckley gesprochen wird. Doch allen voran der verletzte David Kobylik könnte die Wut- und Trauertränen der Fans nach dem Buckley-Abgang zum BVB trocknen lassen. Der Tscheche stellt schon jetzt bei den Standards eine viel versprechende Alternative dar. Doch bevor er zum Gewinn für Bielefeld werden kann, muss er erst einmal gesunden. Von Heesen ist sicher: »Kobylik wird seinen Weg machen.«
Das erwartet der Trainer noch viel mehr von Nebojsa Krupnikovic, einem zentralen Akteur in seinem Konzept. Egal, wo »Krupi« letztendlich eingesetzt wird: Der ehemalige Hannoveraner soll sich hinter Sturmspitze Vata als der noch bessere Skela erweisen. In der Vorbereitung wirkte er jedoch etwas gehemmt, verdiente sich auch zuletzt gegen Heerenveen nicht das Prädikat unverzichtbar. Hier hofft Porcello auf seine Chance. Für den Siegtorschützen gegen die Niederländer spricht die Bilanz der vergangenen Halbrunde und seine Trefferquote in den Testspielen. Die DSC-Fans wählten ihn jüngst zu Arminias Spieler der Saison. Ob »Massi« auch noch erste Wahl beim Trainer wird?
Arminias eigentlicher Buckley-Nachfolger spielt auf der rechten Seite. Sibusiso Zuma ist ebenfalls Südafrikaner, gefiel bislang mit Technik, Schnelligkeit und hin und wieder als Torschütze. Gelingt ihm körperlich die Umstellung von der dänischen in die deutsche erste Liga, könnte er zum Faustpfand für den Klassenerhalt werden. »Er macht viel Theater und viele effektive Dinge«, lobt von Heesen.
Auf rechts wechseln sich bei Zuma-Alternative Roberto Pinto weiter Licht und Schatten ab. Der Portugiese möchte den Ruf des perfekten Einwechselspielers gern ablegen. Pinto äußert: »Ich mache mich jetzt aber nicht verrückt, wenn ich in Bremen nicht zur ersten Elf gehöre.«
Fazit: Arminias offensives Mittelfeld ist noch wie eine große Wundertüte: Niemand weiß wirklich, was drinsteckt. Aber auch die Gegner werden sich überraschen lassen müssen. Wer weiß? Vielleicht bekommt Bremen mit Küntzel, Krupnikovic, Zuma am Samstag bereits mehr Probleme, als Werder-Coach Thomas Schaaf lieb ist. SCHWER AUSZURECHNEN
(In der letzten Folge nimmt das WESTFALEN-BLATT Arminias Ein-Mann-Sturm ins Visier)

Artikel vom 02.08.2005