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Patient kann wieder gehen

Sohn polnischer Zwangsarbeiter in Brakel kostenlos operiert

Von Stefan Westemeyer
Brakel (WB). Das Brakeler St. Vincenz Hospital als eine der größten und bekanntesten orthopädischen Kliniken in Deutschland hat erneut für die Aktion »Aktive Solidarität« einen bedürftigen polnischen Patienten kostenlos behandelt.

Bronislaw Bordlak (66) geht schon wieder den langen Flur der Physiotherapie in Brakel mit Krücken als Hilfe entlang. »Das Projekt wurde gegründet, um zum Beispiel polnischen Zwangsarbeitern oder denjenigen, die unter den Folgen des Zweiten Weltkrieges zu leiden haben, zu helfen, wenn die finanziellen Mittel der Patienten nicht mehr vorhanden sind«, sagt Dr. Mariusz Wojciechowski, Lt. Arzt der Unfallchirurgie des Krankenhauses und Mitarbeiter des orthopädischen Chefarztes Dr. Rolf Haaker. So erklärte sich das St. Vincenz Hospital nach zwei erfolgreich verlaufenen Operationen im vergangenen Jahr nun auch wieder bereit, einen Patienten aufzunehmen und die Kosten der OP selbst zu tragen.
Die geleistete Hilfe gegenüber dem Nachbarland wird als Wiedergutmachung für Verbrechen der Nazi-Zeit in Polen verstanden. So entstand der Name der Stiftung: »Polnisch-Deutsche Aussöhnung«. Die Vorstand der Stiftung sieht darin heute allerdings auch eine caritative Hilfe, besonders für die ärmere Bevölkerungsschicht. Für derartige Operationen kommen demnach nur Kliniken mit Spezial-Technik und finanziellen Mitteln in Frage. In Brakel bezahlt der heimische Lions-Club den stationären Aufenthalt.
Auch eine notwendige, aber kostenlose Physiotherapie nach der Operation erhält der Patient. Die Kosten für die Prothese des Patienten übernimmt die Industrie. Der Eingriff wurde notwendig, da Bronislaw Bordlak, der mit seiner Frau Janina angereist ist, mit einem Verschleiß des rechten Kniegelenks zu kämpfen hatte. Die vergangenen eineinhalb Jahre war er fast nicht mehr fähig zu laufen, und so bekam der Familienvater auch Schmerzmittel verabreicht. Er erzählt, dass man in Polen auf die gleiche Operation vier Jahre hätte warten müssen. Für Dr. Wojciechowski war die Implantation der Knietotalendoprothese »Tagesgeschäft«. »Der Eingriff ist hier Routine. Folglich verlief alles komplikationslos«, so Wojciechowski. Bronislaw Bordlak selbst erklärt auf der Liege für gymnastische Übungen liegend, dass er sehr zufrieden sei. Er habe zwar noch Wundschmerzen, »aber ich bin froh, dass alles geklappt hat«.
Auf die Frage, wie er von dem Projekt erfahren habe, übersetzt Dr. Wojciechowski, ebenfalls aus Polen stammend, dass die Stiftung polenweit bekannt sei. Familie Bordlak sei im Krieg inhaftiert gewesen. Jahrzehnte später sei eine geringe finanzielle Entschädigung gezahlt worden. Im Rahmen dieses Vorgangs bestand auch die Möglichkeit, sich bei der Stiftung zu melden.
In seinem Heimatland Polen wird nun die Nachsorge-Behandlung anlaufen: »Dazu zählen auch die jetzt noch notwendigen Physiotherapien, von denen er die erste hier bei uns in Deutschland bekommen hat«, erläutert Dr. Wojciechowski. Am heutigen Freitag wird das dankbare Ehepaar von seiner Familie aus Polen in Brakel abgeholt.

Artikel vom 29.07.2005