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Eine Entscheidung
auf lokaler Ebene

Leserbrief zur »grünen Gentechnik«


Mit der Übergabe der Unterschriften gegen »grüne Gentechnik« an die Landrätin Lieselore Curländer (HK vom 14.7.) beschäftigt sich eine Leserin. In ihrem Schreiben heißt es:

Frau Curländer wird zitiert mit den Worten: »Ich sehe keinen Grund, aktiv zu werden.« In diesem Punkt vertraue die Landrätin auf den Gesetzgeber, geht es weiter. Sich auf den Gesetzgeber zu verlassen erscheint kurzsichtig, da dieser schnell wechseln kann. Im Falle eines Wahlsieges im September hat die Union laut Pressemeldung vom 23./24. Juli bereits Änderungen im Gesetz für Agrar-Gentechnik angekündigt. Zudem kann der Gesetzgeber nicht in jedem Fall grundsätzliche Entscheidungen treffen, das ist durch EU-Kommissionsbeschlüsse nicht mehr möglich. Die Frage ist schon, was wir hier lokal tun können.
Ökologische, gesundheitliche und auch wirtschaftliche Risiken machen es notwendig, dass die auf kommunaler Ebene möglichen Grundsatzentscheidungen getroffen werden. Diese Risiken sind leider keine reinen Befürchtungen mehr, sondern längst bittere Realität in den Regionen der Welt, in denen die grüne Gentechnik intensiver eingesetzt wird. Ökologische Folge ist die Ausbreitung manipulierten Erbguts, die durch kein Gesetz verhindert werden kann, und der damit verbundene Verlust an Kultur- und Wildpflanzen.
Die gesundheitlichen Risiken liegen im nicht überschaubaren Allergiepotential und weiteren Lebensmittelerkrankungen. In den USA ist die Zahl dieser Erkrankungen nach Einführung gentechnisch veränderter Nutzpflanzen deutlich gestiegen.
Abgerundet wird der Handlungsbedarf dadurch, dass die Versprechen der Gentechnik-Industrie auf eine Verbesserung der Wirtschaftlichkeit der landwirtschaftlichen Produktion sich in den allermeisten Fällen als reine Luftblasen erwiesen haben.
In den USA ist das von der Industrie gegebene Versprechen einer Verringerung des Herbizid-einsatzes durch resistente Pflanzen schon nach vier Jahren ins extreme Gegenteil umgeschlagen. In Nord- und Lateinamerika ist gentechnisch verändertes Erbgut in Wild- und wichtige Kulturpflanzen ausgekreuzt und hat zum Teil unkontrollierbare Schädlinge produziert.
Die Frage ist, was wir angesichts dessen hier lokal tun können. Der Kreis Herford kann durch entsprechende Beschlüsse dafür eintreten, den vom Gesetzgeber ermöglichten Verzicht auf grüne Gentechnik zu realisieren. Nur wenn die Politik mit gutem Beispiel vorangeht, kann sie von den Bürgern erwarten, dass sie die Problemlage ernst nehmen und selbst aktiv werden, zum Beispiel durch Verweigerung des Anbaus und des Konsums.

LIOBA MÜLBERTHerford

Artikel vom 29.07.2005