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Riesige Industrie-Waschmaschinen »veredeln« in einem Arbeitsgang bis zu 100 Hosen.

»Abgenutzt« voll im Trend

Used Jeans-Mode: Hoher Arbeitsaufwand für einzigartige Hosen

Von Peter Schelberg
Herford (HK). Im Extremfall sieht manche »Used Jeans« fast so aus, als sei sie zwischen die Ketten einer Planierraupe geraten, 24 Stunden über die Baustelle geschleift und anschließend mit Bleichmittel zu lange gewaschen worden. Fakt ist: Der »Gebraucht-Look« liegt voll im Trend. Steingewaschene, gestrahlte, gelaserte, getackerte, geschmirgelte oder mit anderen Methoden bearbeitete Jeans bescheren auch heimischen Modeherstellern gute Umsätze.

»Used Jeans« sind begehrt, und dafür greifen viele Kunden gern etwas tiefer in die Tasche - der »Abnutzungseffekt« wird so zur Wertsteigerung. Beim Hosenspezialisten Brax in Herford entfällt gut die Hälfte der jährlich verkauften 5,5 Mio. Beinkleider auf »Waschhosen«, den größten Anteil stellen Jeans. Um »Used-Effekte« zu erzielen, nutzen die Hersteller bei Denim-Hosen die schlechte Haltbarkeit des Farbstoffes auf der Faser. So wird bei der Wäsche der Farbstoff an den Kanten der Hose mehr, in den Nähten weniger ausgewaschen.
Jeans-Designern bei Brax steht eine ganze Palette an Werkzeugen zur Verfügung, mit denen sie den Stoff »abnutzen«. Beim Strahlen wird jede Hose unter hohem Druck mit Quarzsand »malträtiert«. Beim Schmirgeln erzeugen die Experten mit Spezialpapier Sitz- oder Kniefalten und rauen Partien auf. Empfindliche Stoffe werden nicht mechanisch behandelt, sondern chemisch mit Bleichmitteln aufgehellt oder mit Farbpigmenten besprüht. Selbst vor Schleifmaschinen schrecken die »Jeans-Zauberer« nicht zurück, um Säume und Taschenkanten zu »zerstören«: »Alles in Handarbeit, so dass jede Hose ein Unikat ist«, erläutert Brax-Mitarbeiterin Ulrike Seyer. Mit Laserstrahlen werden sogar Ornamente oder Muster in den Farbstoff gebrannt. Einfacher und billiger ist das Tackern. Mit Splinten werden Falten in der Hose fixiert, die unterschiedlich auswaschen - im Kniebereich, über Hosensäumen, an Gesäßtaschen. Eingebügelt, mit Harz und Hitze behandelt, bleiben die Falten auf Dauer erhalten. Ab September bietet Brax erstmals den »heavy use finish« - noch stärker »gestrahlte« Jeans mit leicht gescrapten Taschenkanten.
Die unterschiedliche Farbe der Denim-Hosen wird beim Waschen mit Bimssteinen, Enzymen oder Bleichmitteln erzielt. Positiver Effekt der Industriewäsche, die auch für den guten »Griff« sorgt: »Die Hose läuft in der Haushaltswäsche nicht ein«, versichert Ulrike Seyer.
Vor dem Zuschnitt werden von jedem Stoffballen »Einlaufwerte« und Farben dokumentiert. Probewäschen, Passformkontrollen, Trage- und Labortests stellen gleichbleibende Qualität sicher. Denn die hohen Ansprüche des Herstellers und der Kunden muss auch eine »Used Jeans« erfüllen.

Artikel vom 29.07.2005