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Odyssee im Paragraphendschungel

Unternehmner schildert Erfahrungen mit Behörden heute Abend im ZDF

Von Moritz Winde (Text und Foto)
Löhne-Bischofshagen (LZ). Das hätte sich Friedrich-Wilhelm Hillbrand in seinen schlimmsten Albträumen nicht ausgemalt. Als der Untenehmer 1998 ein ehemaliges Kasernengelände kaufte und dieses zu einem Gewerbegebiet umfunktionieren wollte, fing der Ärger für ihn erst an. Schuld daran war der Wirrwarr der deutschen Gesetzgebung.

Warum musste Hillbrand alle zwei Wochen die Wassertemperatur des angrenzenden Baches messen? Warum war es ihm nicht gestattet, die Kantine, die ja vom Bund für die englischen Soldaten selbst gebaut wurde, weiter zu benutzen? Und warum musste eine Werkstatt, die auch als solche weiterhin genutzt werden sollte, von der Behörde vollkommen neu genehmigt werden? Fragen über Fragen, die dem 48-Jährigen heute noch schleierhaft sind: »Damals bin ich vom Glauben abgefallen.«
Doch Friedrich-Wilhelm Hillbrand regt sich schon lange nicht mehr über das Dickicht im deutschen Paragraphendschungel auf. Ganz im Gegenteil: Der Löhner Unternehmer wurde in den Fachbeirat für wirtschaftsnahe Verwaltung berufen und kämpft seitdem zusammen mit 19 Gleichgesinnten für den Bürokratieabbau. Denn seinen Leidensweg, der nicht nur geprägt war durch viele schlaflose Nächte, sondern vor allem finanziell eine Farce war, möchte Hillbrand anderen Unternehmern ersparen. »Da heißt es immer von der Politik, man solle die Wirtschaft ankurbeln. Wie soll man sich jedoch um Kunden kümmern, wenn man den ganzen Tag mit Papierkram beschäftigt ist«, sagt der Chef der Entsorgungs-Anlage Hillkomm im Hillpark.
Das Problem sieht Friedrich-Wilhelm Hillbrand in der mangelnden Absprache der einzelnen Behörden und der Vielzahl oft völlig veralteter Gesetze. »Da steigt doch keiner mehr durch«, sagt der gebeutelte Unternehmer, der jedoch bereits erste Fortschritte erkennt. Denn da das Land Nordrhein-Westfalen Modellregion ist, werden drei Jahre lang bestimmte Gesetze getestet.
Weiterhin wurden bereits verschiedene Behörden zusammengelegt. Die Landesregierung hat außerdem beschlossen, Gesetze alle fünf Jahre auf den Prüfstand zu stellen. Zwar seien erste Teilerfolge sichtbar, das Ende der Fahnenstange sei jedoch noch lange nicht erreicht.
»Das ist ein Marathonlauf und wir sind gerade einmal bei Kilometer fünf angelangt«, sagt Hillbrand, dessen Kampf mit der Bürokratie heute abend im ZDF (»Wo steht Deutschland?«, 22.45 Uhr) gezeigt wird.

Artikel vom 26.07.2005