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Institut für
Neurologie
ist einmalig

BZ-Krankenhaus-Serie: Teil drei

Von Claudia Thiessen (Text)
Lars Rohrandt (Fotos)
Bünde (BZ). Egal in welcher Abteilung des Krankenhauses Dr. med. Meinhard Blattgerstes Hilfe erforderlich ist, ob der Patient depressiv ist oder plötzlich sein Gleichgewicht nicht mehr findet - der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie ist stets zur Stelle. Als in seiner Form einmalig in Norddeutschland bezeichnet er das von ihm geleitete Institut für Neurologie.

»Die meisten Menschen, die wir untersuchen und betreuen, sind in der inneren Medizin oder Chirurgie in Behandlung. Es gibt aber auch Fälle aus der Gynäkologie und der Intensivstation, um die wir uns kümmern müssen«, erzählt Krankenschwester Susanne Rathert. Sie und Dr. Blattgerste sind die einzigen Beschäftigten im kleinen Institut, eine eigene Bettenstation gibt es nicht.
Dafür sucht Dr. Blattgerste seine Patienten im ganzen Krankenhaus auf. Mehr als 2 000 Einsätze dieser Art tätigte er im vergangenen Jahr. Seinen Patienten hilft Blattgerste auf psychiatrischer oder neurologischer Ebene, wobei das eine das andere nicht ausschließt. »Bei Menschen, die zum Beispiel von einem Schlaganfall betroffen sind, kann es vorkommen, dass sie auch depressiv werden. Dann bin ich froh, dass ich sowohl im Bereich der Neurologie als auch der Psychiatrie ausgebildet bin«, berichtet der Facharzt.
Nicht nur der Umgang mit Depressionen und Angsterkrankungen, sondern auch die Auseinandersetzung mit Suchtpatienten gehört für den Arzt zum Alltag. Gemeinsam mit den Betroffenen versucht er, Möglichkeiten der Besserung zu finden. Dies können Gespräche, Psycho- und Entzugstherapien oder auch die Einnahme von Medikamenten sein.
Ähnlich sieht es bei der Behandlung von Patienten mit neurologischen Krankheitsbildern aus. Gespräche und Hinweise auf geeignete Medikamente gehören auch hier zur Therapie. Des Weiteren steht insbesondere nach Schlaganfällen die Rehabilitation im Vordergrund: Ab dem zweiten Tag im Krankenhaus werden die Patienten zur Physiotherapie angeleitet. Sprachtraining mit einer Logopädin soll das Programm bald ergänzen.
Um jedoch erst einmal festzustellen, welche Ursachen bei Patienten mit Lähmungen, Geh- und Gleichgewichtsstörungen, Hör-, Seh- und Sprachdefiziten oder auch offensichtlichen Fehlfunktionen des Gedächtnisses zu Grunde liegen, kann Dr. Blattgerste auf Untersuchungsmethoden der klinischen Neurophysiologie zurückgreifen. Dafür steht ein Raum zur Verfügung, in dem zwei Geräte modernster Technik stehen.
Hier agiert Schwester Rathert: In 880 Untersuchungen hat sie im vergangenen Jahr Hirnstromkurven (EEG) von Patienten erstellt oder einen Computer genutzt, mit dessen Hilfe sie die Leitgeschwindigkeit der Nerven, die elektrische Muskelfunktion oder auch die Funktionstüchtigkeit der Hör- und Sehnerven ermitteln kann.
Dr. Blattgerste beurteilt diese Messungen und überlegt, wie dem Betroffenen bestmöglich zu helfen ist. Doch gerade beim Vorschlag, Medikamente einzunehmen, wie es zum Beispiel bei Diagnose von Epilepsie oder dem Parkinson- Syndrom der Fall ist, stößt er immer wieder auf Vorbehalte bei den Patienten.
»Mehrere sind skeptisch, da auch von Psychopharmaka Nebenwirkungen bekannt sind. Deshalb nehme ich mir viel Zeit, um über die Wirkung dieser Medikamente aufzuklären«, berichtet der Mediziner, der ausführliche Gespräche für sehr wichtig hält.
Drei Jahre - und damit seit Gründung des noch jungen Instituts - ist Blattgerste nun schon in dieser Form im Lukas-Krankenhaus tätig. Bekannt ist er dort schon seit 1982: Als Arzt im Praktikum war sein Urteil schon damals immer wieder gefragt.
Nicht zuletzt, weil Blattgerste zusätzlich Arzt für physikalische und rehabilitative Medizin ist, legt er großen Wert auf interdisziplinäre Zusammenarbeit mit anderen Kliniken.
Daher kooperiert das Institut mit neurologischen und psychiatrischen Hospitalen wie auch neurologischen Rehabilitationskliniken der Umgebung.

Artikel vom 26.07.2005