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Aus Briefen an die Redaktion

Zu den Veränderungen auf dem Warburger Neustadt-Neustadt-marktplatz äußert sich eine jetzt in Berlin lebende frühere Warburgerin:
Jedes Jahr in den Sommerferien besuche ich meine Heimatstadt Warburg. Ich freue mich natürlich jedes Mal darauf, meine Verwandten wiederzusehen, aber ich genieße es auch, durch die Straßen und Gassen der Alt- und Neustadt zu gehen und Kindheitserinnerungen wach werden zu lassen.
Mit zunehmendem räumlichen und zeitlichen Abstand nahm ich besonders die Idylle dieser gewachsenen beschaulichen mittelalterlichen Stadt wahr, in der es eindrucksvoll gelungen ist, die außergewöhnlichen historischen Zeugnisse (Türme, Stadtmauern, Zunft- und Bürgerhäuser) zu erhalten, zu restaurieren und zusammen mit modernen Elementen zu einer stimmigen Gesamtkomposition zusammenzufügen.
Um so mehr war ich entsetzt, als ich vor einigen Jahren das Toilettenhaus und Tourismusbüro auf dem Neustadt-Marktplatz entdeckte. Dieses Gebäude, das an anderer Stelle sicherlich einen architektonischen Wert haben kann, empfand ich als Geschmacklosigkeit, die zu einer Zerstörung des historischen Platzes führte - mal abgesehen davon, dass ich es pietätlos finde, vor den Haupteingang einer Kirche ein Toilettenhaus zu bauen.
Das Telefonat, das ich mit dem damaligen Bürgermeister der Stadt führte, um herauszufinden, was die Ratsmitglieder zu diesem Schritt veranlasst haben könnte, war geradezu lächerlich. Die einzige Argument, das ich hörte, war, dass die Bürger der Stadt dringend eine Toilette und ein Informationsbüro an zentraler Stelle benötigten und forderten.
Auf meine Frage, warum das unbedingt mitten auf dem Marktplatz unmittelbar vor dem Haupteingang der Neustadt-Kirche errichtet werden musste, obwohl damals in unmittelbarer Umgebung Geschäfte leer standen (z.B. ehemalige Buchhandlung Werth), bekam ich nur ausweichende Antworten. Vielmehr wurde mir versichert, dass das neue Gebäude von der Mehrzahl der Warburger Bürger positiv aufgenommen worden sei.
Bei meinem diesjährigen Besuch in Warburg traute ich meinen Augen nicht, als ich nun auf dem ohnehin schon verunstalteten Platz ein - auf einem hässlichen Holzpodest aufgebautes - Café erblickte. Von der Weite und der Idylle und der historischen Schönheit des Marktplatzes ist nicht mehr viel übrig geblieben.
War es wieder der Wunsch und Wille der Warburger Bürger, an dieser exponierten Stelle ein Café zu errichten, obwohl es in unmittelbarer Umgebung mehrere Cafés gibt?
Wenn ja, frage ich mich, liebe Warburger, wo ist euer ästhetisches und kulturelles Empfinden geblieben?
CHRISTA RÜGGESIEK Berlin

Artikel vom 26.07.2005