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Alter Brief schlummert im Tresor

Joachim Geyh ersteigert 215 Jahre altes Schriftstück über den Kauf der Ulenburg

Von Per Lütje (Text und Foto)
Löhne-Obernbeck (LZ). Wenn Sie heute einen Brief aufgeben, kann es gut sein, dass dieser erst in zwei oder drei Tagen seinen Empfänger erreicht. Von ganz anderem Kaliber war die Boten- oder sogar berittene Post im Preußen des 18. Jahrhunderts. Das Behördenschreiben der Königlichen Regierung an Franz Christian von Borries über dessen Kauf von Schloss Ulenburg und Haus Beeck war gerade einmal einen Tag unterwegs. Der Löhner Philatelist Joachim Geyh hat das wertvolle Schriftstück vor nunmehr 20 Jahren auf einer Auktion im schweizerischen Genf ersteigert.

Über Geld sprechen Briefmarkensammler nicht gerne, doch lässt sich der leidenschaftliche Philatelist entlocken, dass es ein vierstelliger DM-Betrag war, den er für das gut erhaltene Unikat hinblättern musste. Denn nicht nur Geyh zeigte Interesse an dem zwei Jahrhunderte alten Blatt Papier, auch ein Franzose hatte es darauf abgesehen und trieb den Preis während der Versteigerung in die Höhe.
Wie der Löhner Brief, der mit einer wunderschön geführten Handschrift geschrieben wurde, in die Schweiz gekommen ist, darüber kann Geyh nur spekulieren: »Es könnte sein, dass jemand in Geldnot war und sich deshalb von dem Brief getrennt hat.«
Den alltäglichen Schriftverkehr bewahrt der Löhner wie jeder andere Mensch auch in seinem Haus auf - nicht so das 215 Jahre alte Schriftstück der königlichen Regierung Preußens. »Das ist im Schließfach der Sparkasse gut aufgehoben«, ist sich Joachim Geyh sicher, der im Rahmen seiner postgeschichtlichen Heimatsammlung von den Anfängen des 18. Jahrhunderts bis in die Neuzeit hinein zahlreiche Schätzchen sein Eigen nennen kann. »Zuhause verwahre ich nur die Kopien. Damit kann ich eine Ausstellung genauso gut planen«, erklärt der Sammler.
Die historischen Briefe möchte Geyh auch der Öffentlichkeit zugänglich machen und präsentiert deshalb seine Sammlung zur heimischen Postgeschichte im Rahmen der 950-Jahr-Feier Mennighüffens in der Bertolt-Brecht-Gesamtschule. »Zu sehen sein werden auch 48 alte Postkarten mit Mennighüffener Motiven.
Nicht immer hat der Philatelist so viel Glück und wird auf einer Auktion - und dann noch in der Schweiz - fündig, was Löhner Heimatgeschichte angeht. »Vor kurzem war ich auf der Ausstellung Naposta in Hannover. Dort gab es reichlich Material, aber ich bin wieder mit leeren Händen nach Hause gefahren«, erklärt Geyh, dass es bei seinem Hobby oftmals auch viel Geduld braucht.
Bei einem ist sich der Löhner sicher: Zu sammeln werden Briefmarkenfreunde immer etwas haben. »Wenn das Briefmonopol der Post 2007/2008 fällt, werden zahlreiche private Anbieter auf den Markt schwemmem, die ganz neue Sammelgebiete eröffnen.« Bereits jetzt gebe es private Zustelldienste, die sogar über eigenen Briefmarken verfügen. Joachim Geyh hat dieser Umstand bereits zu einer weiteren Sammlung inspiriert: Post zum Schaden der Post. »Es haben bereits einige Menschen probiert, ob so genannte Jux-Briefe befördert werden, indem sie zum Beispiel alte DDR-Briefmarken oder sogar selbst kreierte Marken verwenden.« Und das unglaublichste: In den meisten Fällen wurden die Briefe anstandslos abgestempelt und befördert. Man darf also von Joachim Geyh, der seit mehr als 40 Jahren dem Bund Deutscher Philatelisten angehört, einiges erwarten.

Artikel vom 26.07.2005