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Schöne Kunst des Stuckwerks

Firma Schweser wirkt seit 100 Jahren in Bielefeld -ÊSenior wurde jetzt 70

Schildesche (WB/-er). Was bringt einen in Wuppertal ansässigen Inhaber eines Stukkateur-Betriebes dazu, nach Bielefeld-Schildesche wechseln? Walter Schwester senior, der Enkel, verrät es augenzwinkernd: »Er hatte hier die Frau fürs Leben gefunden.« So kann der heute noch im Ortsteil ansässige Handwerksbetrieb gleichen Namens zum zweiten Male ein besonderes Jubiläum begehen.

Zwar liegt das 100-Jährige bereits sieben Jahre zurück, denn Ewald Schweser machte sich 1898 in Wuppertal selbständig. Doch am Firmenstandort Bielefeld sind die Fachleute für Innenausbau, Akustikbau und Schmuck an Fassaden, Wänden und Decken seit 100 Jahren - eigentlich schon seit 1904 - ansässig. Die Familie verbindet den Geburtstags des Seniors, der am vergangenen Dienstag 70 Jahre alt wurde, mit dem Jubiläum und feiert beides auf einen Streich.
1928 reichte Firmengründer Ewald Schweser den Stab an seinen Sohn Adolf weiter, der den Betrieb um den Bereich Grabsteingestaltung erweiterte. Vom Standort Schillerstraße wurden Werkstatt und Lager an die Engersche Straße, dann ans Vorwerk (heute Bauerland) verlegt. Adolfs jüngerer Bruder Wilhelm arbeitete von 1937 bis 1947 im Betrieb mit, bevor er sich selbständig machte.
Mit der Erweiterung um den Bereich Trockenbau reagierte Adolf Schweser auf Veränderungen in seinem Handwerk, das er seit 1954 als Obermeister vertrat. Sohn Walter trat in seine Fußstapfen und qualifizierte sich 1958 mit der Meisterprüfung für Führungsaufgaben. Die übernahm er als Anteilseigner der Offenen Handelsgesellschaft (OHG), in die Adolf Schweser den Betrieb umgewandelt hatte. Zwei starke Persönlichkeiten als Chefs - das birgt auch Konfliktstoff. 1966 trat Walter Schweser aus der OHG aus und gründete an der Ditfurthstraße eine eigene Firma. Zwei Jahre später übernahm er das Inventar und die Angestellten seines Vaters und nannte seine Firma »Walter Schweser - Stuckateurmeister«.
1975 verstarb Adolf Schweser im Alter von 72 Jahren; kurz zuvor hatte er noch die Goldene Ehrennadel des Deutschen Stuckgewerbeverbandes erhalten. Sohn Walter, der 1976 von der Handwerkskammer als Gutachter bestellt wurde, engagierte sich in den Folgejahren auch in der Innung: 1978 wurde er zum Obermeister gewählt.
Die 80er Jahre brachten zahlreiche Neuerungen. Die Firma wurde in eine GmbH umgewandelt, das neue Domizil (die ehemalige Fensterfabrik Sudbrack an der Beckhausstraße) bezogen, und in der Person von Walter Schweser junior trat die vierte Generation in die Firma ein. Mit der Meisterprüfung (1989) schuf der Urenkel des Gründers die Basis für die Fortführung der Firma, in der er seit 1992 als Gesellschafter und Geschäftsführer fungiert. Ende 2001 schied Walter Schweser senior aus und übergab seinen Kindern Walter junior und Carmen die Firma.
In den Büroräumen erzählen Meisterbriefe, sowie Urkunden und Ehrungen davon, dass der Name Schweser bei Kunden wie in der Fachwelt einen guten Namen hat.
Auch die Frauen der Familie haben eine wichtige Rolle inne. Und das Betriebsklima war durchweg gut. Denn Walter Schweser senior ehelichte 1959 Helga Stukenholz, die in der Firma seines Vaters für die Buchführung zuständig war. Und neben Sohn Walter junior kümmert sich heute Tochter Carmen als Fachfrau um den kaufmännischen Bereich. Ihren Mann Ulrich Herscher hatte sie im väterlichen Betrieb kennengelernt, wo er Lehrling war. Heute ist er als Meister im Trockenbauhandwerk überwiegend für die Bauleitungen zuständig. Bleibt zu ergänzen, dass auch Schwiegertochter Bettina Schweser einige Jahre im kaufmännischen Bereich mitarbeitete.
Die Zukunft ist für einen Betrieb der Baubranche eine schwer zu fassende Unbekannte. Bislang ist es der Familie Schweser gelungen, Hürden zu nehmen und im Wettbewerb zu bestehen. Die Firmengeschichte ist auch ein Stück Handwerksgeschichte, denn Stuckateure sind heute immer seltener gefragt, weil Innen- und Trockenbau zum Hauptätigkeitsfeld wurden. »Wir hatten einmal 42 Mitarbeiter«, erzählt Walter Schweser senior. Heute sind es sieben, die nicht nur weit über Bielefeld und Umgebung hinaus im Einsatz sind, meist beim Ausbau großer Gebäude. Von alter Stuckateurkunst aus dem Hause Schweser zeugen noch heute einige Häuser - beispielsweise eines mit Jugendstilfassade an der Dorotheenstraße.

Artikel vom 25.07.2005