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Viele kommen
auf persönliche
Empfehlung

Seit 12 Jahren Schuldnerberatung

Von Matthias Kleemann
(Text und Foto)
Schloß Holte-Stukenbrock/Verl (WB). Offiziell ist Schuldnerberater Ulrich Johner für Verl, Schloß Holte-Stukenbrock und Rietberg zuständig. Häufig erreichen ihn jedoch Anrufe aus anderen Städten und Gemeinden. Warum das so ist? Die Schuldnerberatung Verl steht auch unter »Schuldnerberatung« im Telefonbuch. Andere Schuldnerberatungen sind unter den Namen ihrer Träger-Institutionen zu finden.

Im Verler Fall wäre das die Diakonie Gütersloh. Die bietet Schuldnerberatung seit nunmehr 12 Jahren in Verl für die drei Kommunen an. So lange ist auch schon Ulrich Johner (50) dabei. Der gelernte Diplom-Pädagoge kann so mittlerweile auf einen umfangreichen Erfahrungsschatz zurückgreifen.
Die Notwendigkeit einer Schuldnerberatung wird schon an der Zahl der Fälle deutlich. 240 Ratsuchende haben im vergangenen Jahr die Schuldnerberatung in Verl aufgesucht, 81 von ihnen kamen aus Schloß Holte-Stukenbrock, das ist genau ein Drittel. Für dieses Jahr verzeichnet Johner bis zum 30. Juni 27 Neuanfragen aus Schloß Holte-Stukenbrock, daran ist abzulesen, dass die Nachfrage konstant ist. Sicher ist sie im Laufe der Jahre gestiegen, daraus lässt sich aber nicht zwingend eine höhere Zahl von überschuldeten Haushalten ablesen, vielmehr hängt es auch mit dem gestiegenen Bekanntheitsgrad der Schuldnerberatung zusammen.
»Mittlerweile schicken auch die Banken, die Gerichtsvollzieher und die Behörden die Leute gezielt zu mir«, sagt Johner. Groß sei der Anteil jener Personen, die ihn aufgrund von Mund-zu-Mund-Propaganda aufsuchen. Letzteres ist eigentlich sogar ein doppelter Erfolg. Denn die Tatsache zeigt einerseits, dass er vielen so geholfen hat, dass sie ihn guten Gewissens weiter empfehlen, und außerdem, dass die von ihm Beratenen in der Lage sind, hinterher mit ihren Problemen offener umzugehen.
»Der Trend wird hierzulande nicht anders sein, als bundesweit«, schätzt Johner die derzeitige Situation ein. In ganz Deutschland geht man derzeit von 3,13 Millionen überschuldeter Haushalte aus. Symptomatisch sei, dass mehr und mehr mittlere Einkommensgruppen in die Überschuldung geraten. Von Überschuldung spricht der Fachmann, wenn das Einkommen nicht mehr zur Existenzsicherung ausreicht. Ursache Nummer 1 ist und bleibt die Arbeitslosigkeit. »Manchmal kann aber auch schon die Geburt eines Kindes eine finanzielle Krise auslösen.« Auf der anderen Seite steht die Verführung in Form von oftmals zu leicht erreichbaren Krediten. Als Beispiel nennt Johner, dass mittlerweile neben Auto- und Möbelhäusern auch Elektronikmärkte in ihren Prospekten die Teilzahlung anbieten. »Da steht dann die Rate dick gedruckt und der eigentliche Preis ganz klein daneben.«
Durch Hartz IV sei sicher noch einmal eine Verschlechterung für viele Haushalte eingetreten, die vorher schon am Rande der Existenzsicherung gewirtschaftet haben. Eine eklatante Erhöhung der Beratungsfälle hat sich dadurch noch nicht ergeben. Rückschlüsse daraus zu ziehen, wäre trotz allem voreilig, denn niemand kennt die Dunkelziffern, und niemand weiß, was in den nächsten Wochen und Monaten passiert.
Die Schuldnerberatung ist in Verl an der Bahnhofstraße 11a zu erreichen, montags bis freitags von 8 bis 9 und von 12.30 bis 13.30 Uhr besetzt. Telefonisch ist immer ein Anrufbeantworter eingeschaltet: 05246/7986. Wer keine Möglichkeit hat, nach Verl zu fahren, den sucht Ulrich Johner zu Hause auf. Regelmäßig werden auch Informationsveranstaltungen angeboten.

Artikel vom 27.07.2005