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Terrorverdächtiger getötet

Islamistische Gruppe bekennt sich zu neuen Londoner Anschlägen

London (dpa/Reuters). Einen Tag nach den neuen Bombenanschlägen hat die Londoner Polizei am Freitag einen Terrorverdächtigen in der U-Bahn erschossen.
Scotland Yard veröffentlichte außerdem Einzelaufnahmen von den vier verhinderten Selbstmordattentätern des Vortages und bat die Bevölkerung um Mithilfe. »Das ist die größte Herausforderung, vor der die Londoner Polizei jemals gestanden hat«, sagte Scotland-Yard-Chef Ian Blair.
Nach seiner Darstellung hatte sich der Terrorverdächtige am Vormittag in der U-Bahnstation Stockwell geweigert, auf Anweisungen der Polizei stehen zu bleiben. Nach Medienberichten soll eine Spezialeinheit von Scotland Yard den Mann bereits seit der Nacht beschattet und gehofft haben, dass er sie zu möglichen Komplizen führen werde.
Als er jedoch die U-Bahnstation betreten habe, hätten die Polizisten in Zivil einen neuen Selbstmordanschlag befürchtet, da der Mann einen weiten Mantel getragen habe. Sie hätten versucht, ihn zu stellen, er sei jedoch auf einen U-Bahnzug zugerannt und gestolpert. In dem Moment hätten die Polizisten gedacht, dass er nun seine Bombe zünden wolle, und ihn erschossen.
Die veröffentlichenten Aufnahmen der Attentäter vom Vortag stammten von Überwachungskameras in den U-Bahnstationen und einem Bus. Am Freitagabend wurde im Londonder Stadtteil Stockwell einen Terrorverdächtigen festgenommen. Bei dem Mann handele es sich aber nicht um einen der vier Tatverdächtigen, deren Aufnahmen die Polizei am selben Tag veröffentlichte.
Spezialisten untersuchten unterdessen die zurückgelassenen, nicht richtig gezündeten Bomben samt Rucksäcken. Experten sagten im Fernsehen, diese Sprengsätze seien so etwas wie ein »detaillierter Steckbrief« des Bombenbauers. Sie enthielten zahlreiche Hinweise auf seine Arbeitsweise. Unter anderem prüften die Experten, ob der verwendete Sprengstoff zur selben Quelle wie die Bomben vom 7. Juli gehörte.
Unter Berufung auf Polizeiquellen berichteten die britischen Medien, den Terroristen sei es am Donnerstag darum gegangen, die Anschläge vom 7. Juli mit 56 Toten und 700 Verletzten zu wiederholen.
Dafür spreche schon, dass sie wieder drei U-Bahnen und einen Bus ausgesucht und die Bomben fast gleichzeitig gezündet hätten.
Zu den Attentaten am Donnerstag bekannten sich die Abu Hafs al-Masri Brigaden, dieselbe Gruppe, die schon für die Anschläge vor etwa zwei Wochen die Verantwortung übernommen hatte. Nach US-Angaben ist unklar, ob die Organisation Verbindungen zur Al-Kaida hat. Sie hat sich auch zu den Anschlägen in Madrid im vergangenen Jahr bekannt, was Sicherheitsexperten jedoch als unglaubwürdig einstuften. Seite 2: Thema des Tages und Hintergrund / Seite 4: Kommentar und Pressestimmen

Artikel vom 23.07.2005