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Ein beeindruckender Klavierabend

Sankt Petersburger Pianist Igor Tsittser gab Konzert in Lydiagemeinde


Bielefeld (WB). Künstlerische Ereignisse von hohem Niveau spielen sich manchmal fast im Verborgenen ab, wie unlängst ein Klavierabend des Sankt Petersburger Pianisten Igor Tsittser im Gemeindehaus Gunststraße gezeigt hat.
Tsittser entfachte mit der Sonate Nr. 17 von Ludwig van Beethoven regelrecht einen Shakespeareschen »Sturm«, dennoch als tönend bewegte Form ausgebreitet zwischen grübelnden Anfängen und Einschüben, drängendem Furioso und perlender Anschlagskultur und im Finalsatz als toccatenhaftes, wogendes Perpetuum mobile vorwärtsdrängend.
Zur vollen Entfaltung gelangte die Spielkunst Tsittsers bei der Rhapsodie in h-Moll von Johannes Brahms, die ein dicht gefügtes musikalisches Material in der Dienst beredter Klangsprache stellt. Hier wechselten differenzierte Dynamik und bittersüße Ausdruckslyrik, wohlformuliert und liebevoll ausgespielt in meisterlich technischer Perfektion, durchmischt mit sicherem Stilgefühl.
Frederic Chopins Ballade Nr. 1 in g-Moll meisterte der Pianist mit staunenswerter Virtuosität und Wohlklang und ließ sie in ausgefeilter Agogik in den Läufen dahinfließen.
Perlende Klangschönheit und zarte Lyrik kam mit Franz Schuberts Impromptus in Es- und Ges-Dur zu Gehör.
Eine künstlerisch eigene Welt offenbarte Igor Tsittser in der Chopin-Polonaise As-Dur, gespielt mit donnernd abwärtsgerichteten Oktavkaskaden in der linken und triumphalen Diskantklängen in der rechten Hand.
Mit einem Werk von Sergej Rachmaninow zollte der Pianist Tribut an die Klaviertradition seines Heimatlandes, vollführt mit stupender Technik und höchster Raffinesse.
Die wenigen Zuhörer, die den Weg ins Gemeindehaus der Lydiagemeinde gefunden hatten, dankten mit lang anhaltendem Beifall. Schade, dass sich so viele Konzertfreunde das Hörerlebnis entgehen ließen.

Artikel vom 20.07.2005