18.07.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

 Radprofi Jörg Ludewig  MeinTour-Tagebuch


Bonjour,
Glück gehabt! Um Haaresbreite wäre die Tour für mich beendet gewesen. Wir tragen ja Helme mit großen Luftöffnungen. Schlecht ist es nur, wenn dir irgendein Insekt da hinein fliegt. Heute habe ich so was unterm Helm gespürt. Also mal abnehmen, mit den Händen durch die Haare. Wieder aufsetzen. Hoffen, dass alles okay ist. Und weiterfahren. Erst beim Haare waschen unter der Dusche habe ich dann die Wespe entdeckt. Ein echter Schreck: Denn ich bin gegen Wespenstiche allergisch, bekomme einen Schock und hohes Fieber. Gut, dass ausgerechnet dieses Insekt nicht zugestochen hat.
Heute war echt die Hölle. Das war echt voll am Anschlag bei mir. Meine Beine waren gut. Ich habe am Anfang mit attackiert. Aber die richtige Gruppe habe ich wieder nicht erwischt. Mein Teamkollege Alessandro Bertolini hat es geschafft. Dass er am letzten Anstieg nicht mithalten konnte, muss man akzeptieren. Aber er hat toll gekämpft.
Ich selbst bin heute mein Tempo gefahren und gut durchgekommen. Vor dem letzten Anstieg war ich sogar noch mal dran an der Gruppe um Armstrong, Basso, Ulle und den anderen. Da war ich richtig weit vorne, aber dann treten die an. Mein Problem ist, dass die Berge hier gleich ganz steil beginnen. Acht oder neun Prozent, ohne dass du einen etwas flacheren Anfang hast. Ich kann mich da nicht gut auf die Steigung einstellen. Ich kann nicht so explosiv in einen Berg rein, sondern muss bei meinem Rhythmus bleiben - schon um nicht die Muskeln zu übersäuern. Mit meinem Takt bin ich aber sauber ins Ziel gekommen. Der 35. Platz mit nur 15 Minuten zum Sieger ist ordentlich.
Moralisch baut mich auch der Besuch aus der Heimat wieder auf. Mein Freund Andreas Stahlberg vom Schlosshof macht ja nur drei Tag Urlaub im Jahr. Und die widmet er wieder mir. Ich habe gestern Abend mit ihm telefoniert. Er hat wohl gemerkt, dass ich Beistand brauchen kann. Also hat er sich spontan ins Auto gesetzt, meine Freundin Melanie eingepackt und ist hier nach Südfrankreich gekommen. Mann, das macht glücklich und gibt Kraft.

Artikel vom 18.07.2005