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Wahrheit ist
der beste Anker

Bernd Kollmetz ist evangelischer Pfarrer der Johanniter Ordenshäuser in Bad Oeynhausen.

Es ist schon beeindruckend zu beobachten, wie Verantwortliche mit wichtigen Worten umgehen. Da glaubt man, sich vertrauensvoll das Vertrauen entziehen
lassen zu können, und angesichts leerer Kassen soll dem Bürger nun endlich mit Ehrlichkeit begegnet werden. Den interessierten Beobachter beschleicht das Gefühl, dass die Sprache der Politik einer Wachsmasse gleicht. Je nach Bedarf wird sie angepasst. Wen wundert«s, dass wir orientierungslos auf die Geschehnisse blicken und das Ansehen der politischen Institutionen Schaden nimmt? Da hilft kein Bekunden, man wolle das Vertrauen wieder zurückgewinnen.

Die Autorität des Staates lebt von der Aufrichtigkeit der Verantwortlichen. Und dann geht es um den Umgang mit der Wahrheit. Sie allein schafft Vertauen und Verbindlichkeit. Schon der Religionsphilosoph Kierkegaard bemerkte: »Wahrheit steht am Anfang des Vertrauens. Je echter die Wahrheit, desto kürzer ist der Weg zur Verständigung.« Sie ist der innere Kompaß des Menschen. Sie ermöglicht gemeinsames Leben. Der Glaube wiederum macht Mut, von diesem inneren Kompass bei der Gestaltung des Lebens Gebrauch zu machen. Oder um es mit einem Psalmwort als Anfrage zu formulieren: »Sprecht ihr in Wahrheit Recht, ihr Mächtigen? Richtet ihr in Gerechtigkeit die Menschenkinder?«

Es geht nur dort gerecht zu, wo die Wahrheit ernstgenommen wird. Wenn diese Bereitschaft nicht da ist, ist das Bemühen um Vertrauen und gerechte Lebensverhältnisse vergebens.
Übrigens: Wer sich in seinem Reden an der Wahrheit orientiert, der braucht kein gutes Erinnerungsvermögen. Er kann die Gedanken auf das Wesentliche konzentrieren.
Bernd Kollmetz

Artikel vom 16.07.2005