05.07.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Bielefelder Altstadt lässt
sich buchstäblich begreifen

Tastmodell aus Bronze auf dem Alten Markt


Bielefeld (bp). Mit den Fingerkuppen die Altstadt zwischen Sparrenburg und Jahnplatz kennen lernen können Bielefelder von sofort an: Gestern wurde auf dem Alten Markt ein Fühlmodell enthüllt, das speziell Blinde und Sehbehinderte, aber auch Kinder einlädt, die Stadt buchstäblich zu begreifen.
Anja Böllhoff, Vorsitzende der Bürgerstiftung, und Dr. Peter Ulrich für die DaimlerChrysler AG als Sponsor übergaben das Bronzemodell Oberbürgermeister Eberhard David. Ursprünglich stammt die Idee, ein solches Tastmodell zu installieren, von Heidi Thielke, die als Folge einer Augenkrankheit erblindet ist. Menschen, die nicht sehen können, können jetzt in Brailleschrift Straßen- und Häusernamen ertasten und die Form der Gebäude begreifen. Aber auch für Sehende hat das Modell Reiz: Die Altstadt kann in ihrer Struktur neu wahrgenommen und »erfasst« werden. Umgesetzt wurde das Tastmodell von dem Soester Künstler Egbert Broerken.
Für ihn sei es das 25. Modell, sagte Broerken. Auf die Idee gebracht hätten ihn Schüler der Soester NRW-Blindenschule: »Die Kinder konnten zwar Hauswände abtasten, hatten aber keine Vorstellung von der Größe eines Gebäudes.« Inzwischen fertige er zwei bis drei Tastmodelle pro Jahr und: »Es macht mir großen Spaß.«
In Bielefeld unterstützten ihn das Planungs- und Katasteramt mit Plänen und Bildern, dazu hat er Luftaufnahmen zu Hilfe genommen. Dr. Peter Ulrich versprach zudem, dass ein kleines Modell des Tastmodells bereits in Auftrag gegeben worden sei: »Die Konditorei Kraume arbeitet an der Altstadt aus Schokolade.« Mädchen und Jungen der Klasse 2 a der Klosterschule testeten das Fühlmodell, das ursprünglich seinen Platz neben dem Alten Rathaus finden sollte. Aber, so Dr. Ulrich: »Der Alte Markt ist der natürliche Mittelpunkt der Stadt, hier ist der richtige Platz.«
Übergangen bei der Standortwahl fühlt sich Gastronom Gustav Werning (»Werning's Weinstube«), der von der Aufstellung der Modells mitten in seiner Außengastronomiefläche überrascht wurde. Hans Martin (Amt für Verkehr) räumt ein, dass der Gastronom vom genauen Zeitpunkt nichts gewusst habe, dass über das Tastmodell an sich aber lange öffentlich diskutiert worden sei: »Und seit Beginn der Bauarbeiten in der Altstadt ist der Container im Altstädter Kirchpark Anlaufpunkt für alle, die Fragen oder Probleme haben.«

Artikel vom 05.07.2005