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Machte seine Schüler zu Leseratten: Heinrich Stippich (64). Foto: Markus Poch

Stippichs Leben hart
am »Struwwelpeter«

Ehemaliger Rektor hält Plädoyers für Bücher

Brackwede (mp). Seit März 2005 ist er nun im Ruhestand und hat bald mehr zu tun als vorher: Heinrich Stippich, ehemaliger Rektor der Realschule Bethel, lebt seine Liebe zur Literatur jetzt richtig aus.
Auf Vortragsveranstaltungen und Lesungen mit Lehrern, Kindern oder Senioren hält er fleißig Plädoyers für Bücher und fürs Lesen. »Ein Leben ohne Bücher ist ein armes Leben«, sagt der 64-jährige gebürtige Marburger, der seine Botschaft mit großer Begeisterung in Bielefeld verbreitet. Davon konnten sich auch 60 Besucher des Brackweder Erzählcafés überzeugen, die zu Kaffee, Keksen und Unterhaltung ins Bartholomäus-Gemeindehaus gekommen waren.
Karl Mays »Ölprinz« und »Old Shatterhand« in Verbindung mit ausschweifenden Marterpfahlspielen in der Nachkriegszeit hätten ihn schon im Alter von sieben Jahren zur Leseratte gemacht, berichtet Stippich. Nach dem Studium in Darmstadt habe er als Lehrer zunächst an einer Zwergschule im Westerwald, später, mit den Fächern Deutsch, Religion und Literatur, an der Comenius-Realschule in Herborn gearbeitet. In seinem Unterricht spielte das Buch schon immer eine wichtige Rolle. Doch sein Drang, andere Menschen mit Macht zum Lesen zu motivieren, sei erst nach 1978, als er Rektor in Bethel wurde, richtig ausgebrochen.
»Ich habe kistenweise Bücher von befreundeten Antiquaren aufgekauft und sie für 50 Pfennige oder eine Mark an interessierte Schüler weiter gegeben«, erzählt Stippich. »Die ganz teuren Werke kosteten zwei Mark...« Auf diese Weise habe ich immer mehr Schüler angesteckt.« Geschätzte 20000 Bücher brachte der Schulleiter bis zu seiner Pensionierung auf diese Weise unters Volk. Einzelne Exemplare wanderten dabei immer wieder in seine Privatsammlung aus Kinder- und Jugendbüchern, die heute mehr als 3000 richtungsweisende und auch sehr wertvolle Werke umfasst. Besonders stolz ist er auf seine handkolorierten Bücher sowie frühe Ausgaben des »Struwwelpeter« und der »Kinder- und Hausmärchen« der Gebrüder Grimm.
»Bücher sind einfach ein Kulturgut erstens Ranges. Ich habe sie immer als unglaublichen Schatz empfunden«, bekräftigt Heinrich Stippich. »Und vor allem Märchenbücher sind sehr wichtig für die Erziehung.« Die Besucher des Erzählcafés motivierte er deshalb nicht nur zum Lesen, sondern auch zum Vorlesen: »Wenn die Hexe dann doch noch im Ofen landet, wenn sich Dornröschens undurchdringliche Dornenhecke nach 100 Jahren plötzlich auftut - das ist es doch, was unsere Kinder und Enkelkinder fasziniert.«
l Am heutigen Montag ist Jürgen Tubbesing zu Gast im Erzählcafé, seit mehr als 17 Jahren Vorsitzender des Queller Männerchores. Sein Motto: »Immer ein fröhliches Lied auf den Lippen. Tubbesing begann schon als junger Mann mit dem Singen, trat mit 18 dem Volkschor bei, um später zum Queller Männerchor zu wechseln. Das Singen wurde zu seiner großen Leidenschaft. Heute muss er jedoch feststellen, dass es mehr und mehr an Nachwuchs mangelt. Auch darüber wird er sprechen.
Das Erzählcafé im evangelischen Gemeindehaus am Kirchweg 10 beginnt um 15 Uhr.

Artikel vom 04.07.2005