27.06.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Luftfahrtkonzern EADS
beendet Führungskrise

Deutscher Gustav Humbert wird neuer Airbus-Chef

Paris/München (dpa). Die Führungskrise beim europäischen Luft- und Raumfahrtkonzern EADS ist nach monatelangem zähen Machtkampf zwischen der deutschen und der französischen Seite beigelegt. Dabei kommt in Gustav Humbert (55) erstmals ein Deutscher an die Spitze der EADS-Tochter Airbus.
Erster deutscher Airbus-Chef: Gustav Humberg
Co-Chef von EADS: der Deutsche Thomas Enders

Humbert folgt dem Franzosen Noël Forgeard (58), der gemeinsam mit dem Deutschen Thomas Enders (46) für fünf Jahre zum Co-Chef von EADS aufrückt. Enders' Nachfolger als Chef der Rüstungssparte wird mit Stefan Zoller (47) ebenfalls ein Deutscher.
Nach Angaben aus EADS-Kreisen fiel die Entscheidung erst am Samstagmorgen in einer Telefon-Konferenz des Verwaltungsrates, nachdem am Vortag noch Gespräche mit dem Pariser Wirtschafts- und Finanzminister Thierry Breton geführt worden seien. Der Durchbruch soll jedoch schon am Donnerstag unter vier Augen zwischen den EADS-Präsidenten, dem Daimler-Vertreter Manfred Bischoff und dem Pariser Großaktionär Arnaud Lagardère, in München geschafft worden sein.
Der Kompromiss sieht auch wichtige Weichenstellungen in der zweiten Reihe vor: In Paris hielt Breton zufrieden fest, dass Enders und Forgeard künftig mit Jean-Paul Gut und Hans Peter Ring zwei beigeordnete Generaldirektoren für das Tagesgeschäft erhalten. Das war eine französische Forderung, um Gegengewicht zu schaffen und eine Balance in der Führungsspitze. Es ändert aber nichts daran, dass Deutsche mit Airbus und der Rüstung jetzt die Sparten mit vier Fünftel des EADS-Geschäfts führen. Zudem hatte es kurz vor der Einigung noch geheißen, erstmals solle ein Franzose den Verteidigungsbereich leiten. Doch dazu kam es nicht.
Auslöser des Gerangels auf hoher Ebene waren Versuche Forgeards gewesen, alleine die Führung des Konzerns zu übernehmen oder als EADS-Chef seine Position bei Airbus zu behalten, was vom Großaktionär DaimlerChrysler abgeblockt wurde. Als sich Deutsche und Franzosen grundsätzlich einig waren, dass Forgeard und Enders das Schmuckstück europäischer Industrie im Duo leiten sollten, steckte der Teufel lange Zeit noch im Detail. An der Seine ging die Angst um, die deutsche Seite könnte auf absehbare Zeit den Ton in dem größten europäische Flugtechnikkonzern angeben.
In Kreisen des EADS-Großaktionärs DaimlerChrysler wird die Lösung der EADS-Führungskrise als Sieg für DaimlerChrysler-Chef Jürgen Schrempp interpretiert. Schrempp soll sich am Freitag nochmals persönlich in die abschließenden Verhandlungen eingeschaltet haben, um eine Verschiebung der Machtbalance zu Gunsten der Franzosen zu verhindern.
Bischoff und Lagardère sprachen von einem »exzellenten Team«, das »sowohl die einzigartige Position der EADS als multinationales Unternehmen, als auch die starke Stellung des Unternehmens im Weltmarkt« reflektiere. Sie waren ein Echo zu Thierry Breton, der in Paris »das, global gesehen, gute Gleichgewicht zwischen Franzosen und Deutschen« lobte. Die Besten und Kompetentesten träten nun an. Seite 2: Kommentar

Artikel vom 27.06.2005