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Westen besorgt
nach Wahl im Iran

Teherans Bürgermeister siegt

Teheran (dpa). Die überraschende Wahl des streng islamistischen Mahmud Ahmadinedschad zum neuen Präsidenten von Iran ist in den USA und Europa am Wochenende auf Besorgnis gestoßen.
Gewann Stichwahl: Mahmud Ahmadinedschad.

International und auch in Iran wurde das Wahlverfahren kritisiert. Der bislang außenpolitisch unerfahrene Teheraner Bürgermeister (48) hatte sich bei der Stichwahl am Freitag mit 61,8 Prozent klar gegen den gemäßigten Kleriker Abkar Haschemi Rafsandschani (70) durchgesetzt, der nur 37 Prozent erhielt.
Bundesaußenminister Joschka Fischer betonte, Iran müsse »objektive Garantien« dafür liefern, dass sein Atomprogramm nur für friedliche Zwecke genutzt werden könne. Der britische Außenminister Jack Straw sagte, er hoffe, dass der Wahlsieger schnell handeln werde, »um den internationalen Sorgen über das (iranische) Atomprogramm zu begegnen«.
Wie die USA und Großbritannien monierte auch Fischer »erhebliche Mängel« bei der Wahl. Die EU-Kommission forderte eine rasche Aufklärung der Beschwerden über angebliche Unregelmäßigkeiten. Auch der frühere Präsident Akbar Haschemi Rafsandschani, der als Favorit in das Rennen gegangen war, sprach von ungesetzmäßigen Eingriffen in den Wahlablauf und einer »rücksichtslosen« Schmutzkampagne gegen ihn.
Die USA erklärten, Iran stehe dem Trend zur Demokratisierung in der Region weiter entgegen. Bundeskanzler Gerhard Schröder dürfte bei seinem Treffen heute in Washington mit US-Präsident George W. Bush darüber sprechen, welche Folgen die Richtungswahl für die Lösung des Konflikts um das Nuklearprogramm haben könnte. Die USA schließen Militärschläge nicht aus, falls die Verhandlungen scheitern. Ahmadinedschad gilt als Gegner der Reformpolitik des scheidenden Staatspräsidenten Mohammed Chatami. Beobachter erwarten, dass er bei den Gesprächen mit der EU über den Atomstreit weniger kompromissbereit sein wird als sein Vorgänger.
Russlands Staatschef Wladimir Putin bot Ahmadinedschad eine Fortsetzung der Zusammenarbeit im Bereich der Atomtechnik an.

Artikel vom 27.06.2005