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Lauschangriff neu geregelt

Abhören von Wohnungen wird erschwert

Berlin (dpa). Trotz des heraufziehenden Wahlkampfs haben sich rot-grüne Koalition und Union in letzter Minute auf einen Kompromiss zur Neuregelung des so genannten Lauschangriffs geeinigt.

Die Polizei wird daher auch weiterhin Verdächtige in Wohnungen und Geschäftsräumen mit Wanzen und Richtmikrofonen zur Verfolgung schwerster Straftaten belauschen dürfen. Das Abhören von Wohnungen wird aber durch zahlreiche Einschränkungen insgesamt erschwert. Die Einigung wurde von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) und der Union gestern bestätigt.
Koalition und Union standen zuletzt unter starkem Zeitdruck, da das Bundesverfassungsgericht bis zum 30. Juni eine Neufassung der akustischen Wohnraumüberwachung verlangt hatte. Zuletzt war vor allem zwischen Rot-Grün umstritten, wegen welcher Delikte ein Lauschangriff zulässig sein soll. Nach Angaben des Parlamentarischen Geschäftsführers der Unions-Fraktion, Norbert Röttgen, sollen nun gemäß den Unionsforderungen unter anderem auch Verdächtige eines gemeinschaftlich begangenen Sexualdelikts oder der mutmaßliche Rädelsführer einer kriminellen Vereinigung belauscht werden dürfen.
CDU und CSU mussten aber von ihrer Forderung Abstand nehmen, auf eine richterliche Genehmigung dann zu verzichten, wenn der Wohnungsinhaber mit dem Lauschangriff einverstanden ist. Alle Fraktionen sind sich jedoch einig, dass nach dem neuen Gesetz die Überwachung schwieriger wird. Der rechtspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Joachim Stünker, sagte: »Die Ermittlungen werden aufwendiger werden.«
Bundesjustizministerin Zypries begrüßte den Konsens: »Damit haben wir eine Einigung erzielt, die voll und ganz rechtsstaatlichen Maßstäben genügt und den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts Rechnung trägt«, sagte die Ministerin.
Wegen der Vorgaben des Verfassungsgerichts dürfen vertrauliche Gespräche zwischen »sich nahe stehenden Personen, die keinen Bezug zu Straftaten aufweisen«, künftig nicht abgehört werden. Die Ermittler müssen deshalb die Unterredungen in der Regel live verfolgen, um das Abhören unverzüglich zu unterbrechen, wenn diese Gespräche vertraulich werden. Das Abhören von Gesprächen mit so genannten Berufsgeheimnisträgern - Rechtsanwälten, Notaren, Wirtschaftsprüfern, Steuerberatern, Ärzten, Abgeordneten und Journalisten - ist unzulässig. Werden im Einzelfall solche Gespräche dennoch versehentlich erfasst, sind die Aufzeichnungen zu löschen. Die Informationen dürfen grundsätzlich nicht verwertet werden. Eine Ausnahme soll nur gemacht werden, wenn terroristische Anschläge drohen.

Artikel vom 16.06.2005