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Mit altbewährten Argumenten
gegen die neuen Windmühlen

Beschwerde über die Öko-Abgabe greift auf Kohlepfennig-Verbot zurück

Von Reinhard Brockmann
Detmold (WB). Wenn der »Kohlepfennig« 1994 nicht recht war, kann die 2000 eingeführte Windabgabe kaum billig sein.
Sieghart Lerche, Detmold, erhebt Verfassungbeschwerde. Foto: Joachim Burek

So lautet eine von mehreren Überlegungen, mit denen der Detmolder Jurist Sieghart Lerche eine tragende Säule der rot-grünen Energie-Politik in Deutschland zum Einsturz bringen will. Die Chancen für seine Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe stehen nicht schlecht, wenngleich es bislang erst ein Aktenzeichen gibt. Auch gingen viele frühere Kämpfe mit Paragrafen gegen die Windmühlen der Neuzeit verloren.
Im Namen von zwölf Einzelpersonen, die für Bürgerinitiativen in ganz Deutschland stehen, will der ehemalige Herforder Kreisdirektor Lerche das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) stoppen.
Auch mit der Neufassung von 2004 müssen Stadtwerke und andere Energieanbieter Strom aus Wind, Sonne, Erdwärme, Wasserkraft und nachwachsenden Rohstoffen zu überhöhten Preise einkaufen. Der Zwang besteht, sobald ein Sonnenkollektor privat errichtet oder eine Windkraftanlage etwa von betuchten Geldanlegern installiert wird. Obwohl die Energieunternehmen ihren Strom für 3 bis 4 Cent je Kilowattstunde im Großhandel erwerben können, sind sie verpflichtet für Windstrom bis zu 9,1 Cent, für Bio-Energie 15,5 Cent und für Solarstrom 57,4 Cent pro Kilowatt-Stunde zu bezahlen.
Ansatzpunkt der Klage: Die Versorger dürfen solche politischen Mehrkosten auf ihre Kunden umlegen.
Von der Opposition in Berlin wird schon lange bemängelt, dass es sich bei diesem System eigentlich um eine Steuer handelt, obwohl sich der Staat elegant heraushält. Kleinrentner und Familien mit Kindern müssten den vollen Satz bezahlen, damit besser verdienende Grüne Steuern sparen, hieß es noch im jüngsten Wahlkampf
Auch nach Lerches vollkommen unpolitischen Überlegungen haben Stromkunden 2004 um die drei Milliarden Euro zu viel bezahlt. »Ich argumentiere ausschließlich aus der Sicht der Verbraucher«, sagte er gestern dieser Zeitung. Obwohl das EEG an sich nur die Beziehungen zwischen Stromproduzenten und Stromverteilern regelt, sei der Bürger mittelbar betroffen und zwar in seinen Grundrechten. Es gebe viele Fälle, in denen der Staat in Wirtschaftsbeziehungen eingreife, sagt Lerche, »aber das muss durch einen höheren Zweck gerechtfertigt sein«.
Windräder und alternative Energie-Erzeugung erfüllten diese Bedingung gerade nicht. Seine folgende Begründung ist höchst technischer Art. Der weitere Ausbau der Windkraft verbessere nicht die Stromversorgung, sondern gefährde sie sogar. Auch gäbe es inzwischen genug Hinweise darauf, dass die vorgegebenen Klimaschutzziele nicht erreicht würden, argumentiert er.
Die Beschwerde des Lippers ist in einem weiteren Punkt besonders raffiniert, sparsam und vermutlich aussichtsreicher als alle anderen juristischen Sturmläufe gegen die Riesen-Spargel: Lerche übernimmt in weiten Teilen wortwörtlich den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts von 1994, in dem der Kohlepfennig als unzulässige Sonderabgabe auf Energie höchstrichterlich verboten wurde.

Artikel vom 07.06.2005