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Bundestag ist sein neues Spielfeld

Referee in Hillegossen: Bernd Heynemanns Terminkalender prall gefüllt

Von Marco Twente
Bielefeld (WB). Der ein oder andere Zuschauer mag sich am Samstag beim Finale der Ü 32-Stadtmeisterschaften verwundert die Augen gerieben haben. »Das ist doch der Bernd Heynemann, der das Spiel leitet«. Der frühere FIFA-Schiedsrichter aus Magdeburg ist nicht nur den eingefleischten Bundesliga-Fans ein Begriff.

Einsätze bei der Fußball-Weltmeisterschaft 1998 in Frankreich und bei der EM 1996 in England haben Bernd Heynemann, der im Mai 2001 seine aktive Schiri-Karriere beendet hatte, in ganz Deutschland bekannt gemacht. Wie zieht es einen international so erfahrenen Schiri nach Hillegossen, um dort das Pokalfinale der Ü 32-Stadtmeisterschaft zu pfeifen?
»Ganz einfach«, bemerkt Bernd Heynemann. »Der Organisator, Herr Düspohl, hat mich angerufen und sich wirklich um mich bemüht. Da habe ich meine Zusage gegeben«, fügt er wie selbstverständlich hinzu. Dabei kann sich der 51-Jährige vor Angeboten kaum retten. Er greift immer noch gerne zur Pfeife, obwohl 151 Bundesliga-Partien (in zehn Jahren) unter seiner Leitung standen.
Mehr als 30 Jahre ist Heynemann als Referee tätig gewesen. Sein Wirken begann er bei Fortuna Magdeburg, wo er auch spielte. »Irgendwann habe ich mich für die Laufbahn als Schiedsrichter entschieden«, so Heynemann. 1980 leitete der Diplombetriebswirt das erste von insgesamt 98 Spielen in der DDR-Oberliga. Seit 1989 war er auch international im Einsatz und avancierte nach der Wende nach und nach zum bekanntesten Mann in Schwarz aus den neuen Bundesländern. Das legendäre Pokalfinale von 1992, in dem sich Zweitligist Hannover 96 gegen Mönchengladbach durchsetzte, wurde von Heynemann geleitet. »Das war damals eine große Ehre für mich, dass ich gleich das Pokalendspiel pfeifen durfte«, hat sich der Schiedsrichter des Jahres 1998 sofort »in neuer Umgebung« etabliert.
Höhepunkte in der Laufbahn des zweifachen Familienvaters waren sicherlich die Auftritte bei der WM 1998, bei der Heynemann die Spiele Tunesien - Kolumbien sowie Italien - Norwegen leitete. Bei der EM in England stand das Spiel Kroatien gegen Portugal unter seiner Regie. »Das ist natürlich eine schöne Sache, wenn man für so ein Turnier nominiert wird«, kommentiert der Magdeburger seine Erfahrungen jedoch gewohnt sachlich. Besondere Augen für die Stars der Mannschaften hatte er bei all seinen Auftritten nicht. »In der Partie gibt es nur die Spieler x und y oder die Teams blau und rot. Da hat man nur seine Aufgabe zu erfüllen«, so Heynemann.
Kurioses weiß er von seinem letzten Spiel im Mai 2001 zu berichten. »Vor dem Spiel Lautern gegen Hertha war kein Durchkommen. So mussten wir vier Schiris mit Sack und Pack zu Fuß den Betzenberg hoch. Da die Fans wussten, dass dieses meine letzte Partie war, glich das ganze eher einem Triumphzug mit Verabschiedung«, erinnert sich Heynemann gerne zurück.
Auch nach seiner aktiven Laufbahn ist der Terminplan prall gefüllt. Seit 2002 sitzt Heynemann für die CDU als Interessenvertreter der Stadt Magdeburg im Bundestag. Zudem arbeitet er für etliche Medien als Experte und hat vor kurzem eine Biographie mit dem Titel »Momente der Entscheidung - mein fußballverrücktes Leben« herausgebracht. Zum Abschluss seiner Karriere im Jahr 2001 bekam er das Bundesverdienstkreuz am Bande sowie die Ehrennadel des DFB überreicht.
»Eine weitere Legislaturperiode im Bundestag« hat sich Sympathieträger Heynemann als Ziel für die Zukunft gesetzt, wobei es den Kanzler Heynemann dann wohl doch nicht geben wird. »Ich halte mich immer noch fit, da ich regelmäßig selbst spiele«, wird der Fußball aber auch den Politiker Heynemann trotz aller Beschäftigung nie loslassen.

Artikel vom 07.06.2005