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Der Sandmann
will den Haller
Rasen erobern

French-Open-Sieger Nadal ist da

Paris (WB/dpa). Der König von Paris ist da. Gestern Abend ist French-Open-Sieger Rafael Nadal in Halle angekommen. Morgen schlägt der 19-Jährige zum ersten Mal überhaupt bei den Gerry Weber Open auf.


»Nadal, der Außerirdische«, titelte die französische Sportzeitung »L'Equipe« gestern. In Nadals Heimat überschlugen sich die Schlagzeilen. »Paris liegt ihm zu Füßen«, stellte »El Mundo« fest. »Rafa, du bist der König der Sandplätze«, hieß es bei »Marca«. Und die Sportzeitung »As« schrieb unter ein Foto mit Nadal und König Juan Carlos: »Spanien hat jetzt zwei Könige«.
Was mit ihm passiert, hat der aufregendste Tennis-Teenager seit Boris Becker noch nicht realisiert. »Dieser Sieg wird mich nicht verändern. Ich bleibe, wer ich bin. Ich bin immer noch ein 19-Jähriger, der tut, was er will«, sagte der abseits des Tennisplatzes noch erfrischend naive Nadal. Mit einem 6:7 (6:8), 6:3, 6:1, 7:5-Sieg über den ungesetzten Argentinier Mariano Puerta hatte der Mallorquiner als erster Spieler seit Mats Wilander die French Open gleich bei seinem Debüt gewonnen und erstmals überhaupt nach einem Sieg Freudentränen vergossen.
Dem jüngsten Grand-Slam-Sieger seit Michael Chang 1989 wird nun eine große Zukunft prophezeit. »Wir sprechen über einen, der ein neues Kapitel im Tennis schreiben wird. Er wird eine Legende«, sagte Verlierer Puerta.
Der Argentinier hatte seinen Teil dazu beigetragen, dass das erste French-Open-Endspiel zweier Linkshänder zu einem Knüller wurde. Doch selbst spektakuläre Hechtsprünge à la Becker reichten Puerta nicht, um einen seiner drei Satzbälle im vierten Durchgang zu verwandeln. Auf der anderen Seite des Netzes stand einer, der mit unbändiger Energie noch leidenschaftlicher kämpfte.
»Das liegt wohl in meiner Natur. Ich gebe niemals auf«, sagte Nadal. Die weiße Piratenhose dreckverschmiert, die schwarzen Haarsträhnen schweißverklebt, feierte er am Ende des engen vierten Satzes jeden Punkt mit gewaltigen Luftsprüngen und weit aufgerissenem Mund. Jedes Mal, wenn er die Faust ballte, drohte sein riesiger Bizeps zu platzen.
»Man hat das Gefühl, er explodiert jeden Moment«, sagte Puerta voller Bewunderung. »Er ist der beste Spieler der Welt auf Sand.« Mit sechs Titeln auf seinem Lieblingsbelag und nur zwei Niederlagen in 40 Matches hat Nadal das eindrucksvoll bewiesen.
Doch zu jenen aus Spaniens Sandplatz-Armada, die nach Paris keinen weiteren Grand-Slam-Titel mehr holten, möchte Nadal nicht gehören. »Ich will irgendwann alle Grand-Slam-Turniere gewinnen«, sagte Nadal, der genau weiß, wo er seine Schwächen hat: »Mit meinem Aufschlag bekomme ich Probleme auf jedem anderen Belag, und auch mein Volley-Spiel muss ich verbessern, wenn ich auf Rasen gut sein will.«
In Halle hat er schon mal Gelegenheit, das zu üben.

Artikel vom 07.06.2005