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Die wilden
Achtziger

»Am Tag als Bobby Ewing starb«

Am Tag als Bobby Ewing, der Erdölprinz aus der Seifenoper »Dallas«, stirbt, geht für die Mitglieder der Landkommune »Alternatives Wohnkollektiv Regenbogen« die Welt unter.

Aber es ist weniger das Ableben ihres Serienlieblings, das die Mitglieder Peter (Peter Lohmeyer), Eckhard (Richy Müller), Gesine (Nina Petri) und der Rest der Gruppe zu verkraften haben - fast zeitgleich explodiert im Kernkraftwerk Tschernobyl ein Reaktor und setzt eine radioaktive Wolke frei. Die Kernkraftgegner fühlen sich in ihrem Kampf gegen Atomkraft bestätigt. Schon lange ist die Protestbewegung ins Stocken geraten, und nur das Kollektiv setzt den friedlichen Widerstand gegen die vermeintlich saubere Energie fort.
Als die Sozialarbeiterin Gesine die Gruppe verlassen will, ergänzen die Städter Hanne (Gabriela Schmeide) und ihr Sohn Niels (Franz Dinda) die Kommune in Brokdorf. In der norddeutschen Einöde kommen sich Peter und Hanne näher. Doch ihr Sohn Niels will sich nicht an das alternative Leben ohne Gewalt, Fleisch, Atomstrom und gemeinschaftliches Nacktbaden gewöhnen. Er schließt sich einer Clique um die Bürgermeistertochter Martina (Luise Helm) an. Schnell protestieren die Jugendlichen auf ihre ganz eigene Art gegen das Establishment. Mit den Aktionen bringen sie das Leben der Dörfler und der Protestler durcheinander und provozieren den Fortbestand der Kommune.
»Am Tag als Bobby Ewing starb« ist ein erfrischender Film über eine Protestbewegung, der erst die Reaktorkatastrophe 1986 Recht gab. Das Ensemble verleiht dem Film viel Kuriosität, beeindruckt aber auch durch Authentizität und eine gehörige Portion Humor. Regisseur Lars Jessen porträtiert eine Gruppe, die in ihrer eigenen Protesthaltung verhaftet ist und darüber ihr eigentliches Ziel fast aus den Augen verliert. Viele kleine Seitenstränge geben der Geschichte immer wieder neue Impulse.
»Am Tag als Bobby Ewing starb« wurde beim »Max-Ophüls Festival 2005« als bester Spielfilm ausgezeichnet und lief erfolgreich im Programm der Berlinale. Eine äußerst unterhaltsame Zeitreise durch die alternativen Zeiten der Atomkraft-Nein-danke-Bewegung.

Artikel vom 02.06.2005