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Jeffrey Yates monierte bei der Uniformprobe, dass die aufgenähten Orden erst nach dem Krieg geschaffen wurden. Das ZDF reagierte prompt. Foto: privat

Ex-Elitesoldat plant
Luftangriff auf Dresden

Der Wahlbielefelder Jeffrey Yates filmte mit dem ZDF

Von Matthias Meyer zur Heyde
Bielefeld (WB). Gedämpftes Licht erhellt den nüchternen Raum nur notdürftig. Bunkeratmosphäre. Konzentriert beugen sich Männer über Karten. Stimmengemurmel. Ab und zu klopft der hochdekorierte Offizier mit der auffälligen Augenklappe energisch auf bestimmte Punkte. »Aus!«, ruft jemand. »Alle noch mal auf ihre Ausgangsposition!«

»Entweder war das Licht nicht richtig, oder wir standen falsch, oder der Kameramann hielt einen ganz anderen Blickwinkel für besser - irgendeinen Grund gab es immer, um die Szene zu wiederholen, stundenlang!« Zwei Tage lang stand Jeffrey Yates, Engländer und Wahlbielefelder, in Köln vor der Kamera, wo das ZDF derzeit den Zweiteiler »Dresden« dreht. Der Streifen, der Anfang nächsten Jahres ausgestrahlt wird, erzählt von der Liebe einer jungen Deutschen zu einem englischen Bomberpiloten. Brisant: Die Geschichte kulminiert in dem verheerenden Luftangriff auf Elbflorenz am 13. Februar 1945.
Yates (57) hatte in »Sixth Sense« (»Sechster Sinn«), der auch in Bielefeld erscheinenden Zeitung für die in Deutschland stationierten britischen Streitkräfte, gelesen, das ZDF suche Statisten - 18- bis 40-Jährige, die die Bomberbesatzungen mimen, und 40- bis 65-Jährige, die in die Uniformen hoher Air-Force-Offiziere schlüpfen sollten. Unter Hunderten wurden 30 Kandidaten, darunter der Veteran, der von 1967 bis 1972 der Krone gedient hatte, und der ebenfalls in Bielefeld lebende Busfahrer Paul Jones ausgewählt.
Unmittelbar vor Pfingsten, am 13. und 14. Mai, hieß es »Vorbereitung des Luftangriffs, Klappe 1, die Erste«. Am ersten Tag, einem Freitag, von morgens früh bis Mitternacht. »Wir wollten in einer Pension übernachten, aber um diese Zeit war längst alles dicht. Also sind wir nachts zurückgefahren und am Samstag wieder hin - die haben das Kilometergeld anstandslos gezahlt«, erzählt Yates.
An Strapazen allerdings ist der hagere Ex-Soldat gewöhnt. Bevor er seine Stelle als Pressesekretär für die Royal British Legion Bielefeld Branch antrat, eine dem Reichsbund und Kyffhäuser verwandte Wohlfahrtsorganisation, diente Yates beim SAS, dem berühmten Special Air Service. Stationiert wo? »Oh, in Irland, Oman, Deutschland, Holland, Norwegen, Borneo, Australien . . .«
Was tat die Elitetruppe in Deutschland? »Ich half die ersten Mitglieder der GSG9 auszubilden; ich kenne ihren Gründungskommandeur Ulrich K. Wegener persönlich.« Zur Erinnerung: Die GSG9 stürmte 1977 die nach Mogadischu (Somalia) entführte »Landshut«-Maschine.
Auch die Filmerei jedoch kann eine harte Prüfung sein. Wegen einer Fehlstellung des rechten Auges trug der kurzfristig zum Air Commodore ernannte Yates eine Augenklappe. »Ich bin kaum heil die Kellertreppe zum Studio im ÝBunkerÜ runtergekommen«, berichtet der Zwangseinäugige. Ein Neuseeländer, vor Stolz über die vier Drehbuchsätze, die er sagen durfte, fast platzend, verhohnepipelte Yates nach Strich und Faden: »Der Piratenfilm wird nebenan gedreht! Und wieso sitzt dir kein Papagei auf der Schulter?«
»Ansonsten hatten wir großen Spaß. Ich klopfte mit dem Finger auf der ganzen Karte herum, und so geschah es, dass die Imbissbude an der Ecke, McDonald's und Pizza-Hut als Bombenziele markiert wurden«, sagt der Filmstratege grinsend. Deutsche Fernsehzuschauer dürfen gespannt sein, wie das ZDF das englischsprachige Gewitzel um die Attacke aufs Fast Food synchronisiert . . .
Im Hintergrund der Szenen agierte »ein gewisser Chris, den Nachnamen hab ich nie erfahren.« Eisenhart, der Mann: »Ein Veteran der Kämpfe im ÝHerrn der RingeÜ!« Dieser Chris spielt den berüchtigten Arthur »Bomber« Harris . . .
Jeffrey Yates, der hofft, dass die Völker sich endlich vom üblen Geschäft des Krieges verabschieden, kann sich den ZDF-Zweiteiler schon vor der Erstausstrahlung ansehen: »Ich bekomme eine DVD und das Making Of.« Leider wohl ohne die Szene, in der eines der jungen, hübschen Air-Force-Mädels auf Händen getragen wird. Weil es 1945 noch keine halterlosen Strumpfhosen gab, lugten dabei kurz Stockings mit Strapsen hervor. »Wie - Strapse? Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich dich erst gar nicht filmen lassen«, sagt Yates deutsche Ehefrau Gabriele.

Artikel vom 01.06.2005