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Druckstock-Herstellung als sinnliches Ereignis: Philipp Donald Göbel im Kunstraum »Rampe«.

Kopf um Kopf ohne ein Gesicht

Philipp Donald Göbel im Sommeratelier

Von Uta Jostwerner (Text und Foto)
Bielefeld (WB). Der Geruch von Verdünnungsmittel zieht in die Nase. Rhythmisches Klopfen ist vernehmbar, wenn Philipp Donald Göbel mit Schlaghammer und Stecheisen die vor ihm liegende Holzplatte bearbeitet. Es ist Sommer (gut, beinahe) und mit ihm hat sich der Ausstellungsraum von Marion Dueballs Kunstraum »Rampe« turnusgemäß in ein Sommeratelier auf Zeit verwandelt.

Der Entstehung eines Druckstocks beizuwohnen, kann zu einem sinnlichen, von Geräuschen und Gerüchen begleiteten Ereignis werden. Anders als manch anderer hat der 39-Jährige kein Problem damit, wenn sein kreatives Schaffen von neugierigen Blicken begleitet wird. »Besucher stören mich überhaupt nicht«, sagt er, der bereitwillig auch gerne auf Fragen eingeht und ausdrücklich einlädt, seinen Schaffensprozess zu begleiten.
Zum Beispiel, was es mit den Köpfen auf sich hat, die Göbel aufs Leinen druckt, malt und übermalt, und die zahlreich die Wände der Rampe zieren. Abstrakte, schattenhafte Schädel ohne Gesichter erfahren eine vielfache Variation in der Bearbeitung. »Mir geht es um die Form des Kopfes, nicht um einen bestimmten Gesichtsausdruck. Den will ich unbedingt vermeiden. Das Bild soll wirken durch die Farbe und die Kombination derselben«, benennt Göbel seine Intention.
Die serielle Verarbeitung beim Holzdruck bietet sich nicht nur an, sie animiert auch zu steter Neuschöpfung. Zum Teil werden die Drucke malerisch stark nachgearbeitet und erhalten auf diese Weise doch ein individuelles Gesicht. Unbearbeitete Drucke, ebenfalls seriell angeordnet, wirken wie Rohlinge, die auf Fertigstellung warten. Doch Göbel winkt ab: »Die sind schon fertig.«
Irritation ist ein Stilmittel, dessen sich der Künstler gern bedient. So wie er erst eine Erwartungshaltung beim Betrachter aufbaut, um sie dann flugs wieder zu zerstören, so platziert er bei der Hängung absichtlich zwischen zwei Kopfbildern ein Werk mit skripturalem Charakter. Beim genauerem Hinsehen wird indes deutlich, dass es sich um benutztes Geschenkpapier handelt, mit dem Philipp Donald Göbel die Leinwand beklebt hat.
Der Künstler wurde in Hilden im Rheinland geboren und studierte zunächst Anglistik, Kunstgeschichte und Keltologie in Marburg. Ein Kunstpädagogik-Studium an der Hochschule für Bildende Künste (HBK) in Braunschweig schloss sich an. Schließlich studierte Göbel noch Freie Kunst an der HBK.
Seit 1994 kann Göbel auf eine rege Ausstellungstätigkeit verweisen. Aktuell sind seine Werke in der Kunsthalle Wilhelmshaven zu sehen. Alle zwei Jahre schreibt die Kunsthalle den Preis der Nordwestkunst aus und Philipp Donald Göbel gehört zu den 22 Künstlern, die unter 446 Bewerbern nominiert und ausgestellt wurden.
Sein Sommeratelier auf Zeit endet am 24. August mit einer Finissage. Zuvor kann der »work in progress« von Interessierten begleitet werden am Mittwoch, 1. Juni, 18 bis 20 Uhr, und am Samstag, 4. Juni, 14 bis 17 Uhr. Weitere Termine unter Telefon 29 84 47.

Artikel vom 31.05.2005