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Insolvenzverwalter soll Agfa retten

Foto-Sparte leidet unter digitaler Konkurrenz - 1800 Mitarbeiter bangen um ihren Job

Leverkusen (dpa). Der AgfaPhoto GmbH droht nach nur sieben Monaten Selbständigkeit das Aus: Das Kölner Amtsgericht eröffnete am Freitag das vorläufige Insolvenzverfahren und bestellte Andreas Ringstmeier aus der Domstadt als Insolvenzverwalter.

Der Insolvenzantrag sei bereits am 20. Mai eingereicht worden, sagte ein Gerichtssprecher am Freitag. Gespräche zwischen Vertretern des Unternehmens und dem zuständigen Richter liefen bereits. Die überraschende Pleite des Unternehmens mit bundesweit mehr als 1800 Beschäftigten war erst kurz zuvor bekannt geworden. Ein Unternehmenssprecher sagte, die negative Entwicklung der AgfaPhoto GmbH mit Fotopapier, Fotochemikalien und Laborgeräten sei so zunächst nicht absehbar gewesen. Die gut 1800 Beschäftigten hätten eine erste Information der Geschäftsführung am Donnerstagabend per Intranet erhalten. Das Unternehmen blickt auf eine 130-jährige Geschichte zurück und gilt als deutscher Fotopionier.
In Deutschland sind gut 800 Mitarbeiter am Firmensitz in Leverkusen beschäftigt, wo Fotopapier hergestellt wird. Produziert wird zudem in Vaihingen an der Enz bei Stuttgart (80 Mitarbeiter), im rheinland-pfälzischen Windhagen (260), in München (300) und in Peiting (200). In der gesamten Unternehmensgruppe sind nach eigenen Angaben mehr als 2400 Mitarbeiter tätig. Die Gruppe zählt mit einem Jahresumsatz von 700 Millionen Euro im abgelaufenen Jahr zu den weltweit führenden Anbietern.
Der Betriebsrat traf sich am Freitag zu einer Dringlichkeitssitzung. Im WDR sagte der Betriebsratsvorsitzende Bernhard Dykstra, er sei völlig überrascht worden von der Entwicklung. Die Geschäftsführung habe ihm am Mittwochabend von der Zahlungsunfähigkeit berichtet. Die Belegschaft solle schnellstmöglich umfassend informiert werden.
Im ersten Halbjahr 2004, als die Foto-Stammsparte noch zum belgischen Agfa-Gevaert-Konzern gehörte, war diese tief in die roten Zahlen gerutscht. Der Spartenumsatz war angesichts des Digitalbooms und wegen Preisverfalls um fast 18 Prozent auf 363 Millionen Euro gesunken.
Der Agfa-Gevaert-Konzern hatte am 1. November den Bereich Filme- und Fotopapier sowie Laborgeräte für 175,5 Millionen Euro an eine Gruppe deutscher und amerikanischer Investoren verkauft. Daraus ging die AgfaPhoto GmbH hervor, die zu 55 Prozent der Nanno Beteiligungsholding um den Geschäftsmann Hartmut Emans gehört, zu 25 Prozent den AgfaPhoto-Managern und zu je 10 Prozent zwei amerikanischen Investoren.
Agfa-Gevaert hatte die Übernahme nach eigenen Angaben durch einen besicherten Kredit vorfinanziert. Der belgische Konzern teilte mit, der Insolvenzantrag werde sich auf die ehemalige Muttergesellschaft nicht wesentlich auswirken. Sie unterstützt AgfaPhoto vereinbarungsgemäß noch bis Ende dieses Jahres im Vertrieb, der Auftragsbearbeitung und im Service. Agfa-Gevaert werde mit dem Insolvenzverwalter zusammenarbeiten, sobald dieser bestellt sei. Das Unternehmen bedauere die Entwicklung und hoffe, dass die gegenwärtigen Schwierigkeiten bewältigt werden könnten, hieß es weiter. 1964 hatte sich die deutsche Agfa mit der belgischen Gevaert Photo-Producten zusammengeschlossen. Die Afga-Gevaert-Zentrale zog 1999 nach Belgien um.
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Artikel vom 28.05.2005