28.05.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Mit Kissen und
warmer Decke
ins Wald-Theater

Trefflich Spiel der »Canaillen-Bagage«

Senne (oh). Damit müssen »fahrende Schauspieltruppen« nun einmal leben: Statt komfortabler Garderobe mit Schminktisch und Maskenbildner gab's »nur« eine Freiluft-Umkleide unterm Blätterdach des Buchenwaldes. »Hoch droben in der Spiegelsbergischen Waldkapelle« können Komödianten nun einmal nichts anderes erwarten.

Deshalb greifen alle Mitspieler gekonnt zu Puderquaste und Schminke und betätigen sich eigenhändig und im kollegialen Austausch selbst als Maskenbildner. Das Ganze spielte sich zwar ein wenig abseits der »Bühne«, dennoch unter den Blicken des erwartungsvollen Publikums ab. Ein wenig provisorisch, dies alles. Oder sollte es besser gelungen improvisiert heißen? Denn ähnlich ging's weiter mit der »Canaillen-Bagage« und ihrem Theaterstück.
Dies alles zur Irritation, später dann zum Vergnügen des am Mittwochabend mit Sitzkissen und wärmenden Decken zweckmäßig ausgestatteten Publikums mitten im Teutoburger Wald. War man sich zunächst noch nicht ganz sicher, ob die Schauspieler ihr kleines Spielchen rund um das eigentliche Stück tatsächlich gut gemacht oder möglicherweise nur gut gemeint inszeniert haben.
Zum zweiten Mal hatte der Kulturkreis Senne zu einem »Open Air-Theater« oberhalb des Waldrestaurants »Waterbör« eingeladen. Vor zwei Jahren war es Shakespeares »Der Sturm«, der begeisterte.
Diesmal war es die »Spiegelbergsche Comödiantengesellschaft« - dahinter verbirgt sich die Bielefelder Theatertruppe »Canaillen-Bagage« - die unter der Regie von Michael Zimmermann »eigentlich« Molières »Der Sganarell« aufführen will. Die Verwechslungskomödie von Verliebten und vermeintlich Betrogenen, Missverständnissen und bitteren Tränen - bis hin zum nicht unerwarteten allgemeinen Happyend war allerdings in eine Rahmenhandlung eingebettet, die an Chaos und Komplikationen nichts zu wünschen übrig ließ.
Und so kommt die »fahrende Schaupieltruppe« durch den Wald angepoltert, beladen mit Sack und Pack und Kulissen. Doch halt: Da ist doch etwas verloren gegangen auf dem Weg vom letzten Aufführungsort zur Wald-Aufführungsstätte: Eine Prinzipalin, die nicht da ist, zwei unterwegs »versackte« Mitspieler einschließlich gestohlener Requisiten. Es sind die täglichen Querelen einer fahrenden Schauspieltruppen des 18. Jahrhunderts, die samt Ersatzdarbietungen, Musik und Kunststückchen der »Vorgruppe« für das verehrte Publikum im Walde die Rahmenhandlung zum »Sganarell« abgeben.
Als endlich Improvisiergabe über das Chaos dominiert und der »Sganarell« schließlich doch noch aufgeführt werden kann, verwandeln sich die dümmlich-tölpeligen Typen in Schauspieler - und werden zum liebreizenden Mädchen und kesser Zofe, einem herrischen Vater, dem eifersüchtigen und damit »blinden« Sganarell, einer unzufriedenen Ehefrau und einem ebenfalls eifersüchtigen Liebhaber Lelio samt lebensfrohem, verfressenen Burschen Gros René.
Je mehr die Missverständnisse ausufern, um so vergnüglicher wird das Spiel der acht Schauspieler und Schauspielerinnen. Mit Szenen- und lebhaftem Schlussapplaus belohnte das Publikum die spritzigen Darbietungen der »Spiegelbergschen Comödiantengesellschaft«. Ein gelungener Theaterabend besonderer Art, den der Kulturkreis Senne auch in Zukunft weiterführen sollte.
Für diejenigen Besucher, die hinter den Schlussapplaus noch einen kulinarischen Schlusspunkt setzen wollten, gab es anschließend ein sehr »geschmackvolles Erlebnis« in Cornelius Wulles benachbartem Waldrestaurant »Waterbör«: Er hatte - extra aus diesem Anlass - einen »Spiegelsberg-Teller« mit pikanten Leckereien kreiert.

Artikel vom 28.05.2005