28.05.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Der Meistermacher ist besitzergreifend

Pokalfinale gegen Schalke: Bayern München möchte Magaths Premierensaison krönen

Von Friedrich-Wilhelm Kröger
Berlin (WB). Nach dem Titel ist immer vor dem Titel. Jedenfalls in diesem Verein. Und weil Trainer, Spieler und Führungspersonal des FC Bayern München es gern vollkommen haben, gefällt ihnen der Pokal als schmückendes Beiwerk zur Meisterschale nicht schlecht.

Dieser Silberkelch mit Edelsteinverzierung bildet das passende Ergänzungsstück zum nationalen Hauptpreis und würde sich in der Addition zum beliebten Double zusammentun, das im vergangenen Jahr Werder Bremen gelang. Klar, dass es die Münchner darunter nun auch nicht machen wollen. »Der Pokal gehört uns«, formulierte Felix Magath seine besitzergreifenden Ansprüche. Dabei kümmert es den Trainer wenig, dass die Fußballfreunde gern eine lange Nacht erleben würden. Mit Verlängerung, Elfmeterschießen und dem ganzen Drama, das im Champions League-Finale gerade der AC Mailand und der FC Liverpool vorbildlich aufführten, hat Magath nichts am Hut. »Ich gehe davon aus, dass wir Schalke in der regulären Spielzeit schlagen.«
Das halten die Gegenspieler für eine kühne Prognose, weil es die Bayern in dieser Saison nicht einmal fertig brachten, einen Punkt gegen Schalke zu holen oder einen Treffer zu erzielen. »Wir tun uns schwer gegen die«, räumt zumindest Torhüter Oliver Kahn ein. Am Grundsatz-Urteil seines sportlichen Leiters ändern diese Schwierigkeiten, die zu zwei 0:1-Niederlagen führten, jedoch nichts. »Die beste Mannschaft haben wir«, versichert Magath.
Der einstige Fußball-Feuerwehrmann löscht Brände inzwischen nur noch mit Kamilletee, seit sich sein Betätigungsfeld verändert hat. Früher sollte Magath meistens Abstiege verhindern oder Talfahrten stoppen. Doch nachdem er den VfB Stuttgart in die europäische Meisterklasse führte und damit das Interesse des FC Bayern weckte, muss sich der Trainer Felix-Wolfgang Magath nicht mehr als Einsatzleiter für Notkommandos engagieren lassen.
Er hat sich in München einen meisterlichen Namen gemacht, den Aufstieg in den Elitezirkel geschafft - und nun gleich im ersten Jahr den zweiten Triumph vor sich. Wird der 51-Jährige tatsächlich auf Anhieb Pokalsieger, wäre Magath seinem einstigen Hamburger Lehrmeister Branko Zebec gefolgt. Der Jugoslawe war 1969 erster und bisher einziger Bayern-Trainer, der gleich in seiner Premierensaison bei den Münchnern den dicken Doppelschlag landete.
Insgesamt holte der FC Bayern 19 Meisterschaften und elf DFB-Pokal-Siege, beides ist deutscher Rekord. »Wer hierher kommt, will viel gewinnen«, hat Magath die Lebenseinstellung des Klubs schon verinnerlicht. Im bayerischen Fernsehen ließ er sich kürzlich den Gedanken abringen, wie schön es wäre, jedem seiner Kinder eine Trophäe zu widmen. Da er mehr als eine halbe Mannschaft zu versorgen hätte, bleibt dem sechsfachen Vater also nichts anderes übrig, als immer weiterzumachen.
Magath ist überzeugt, dass die Motivation der Mannschaft durch die Meisterschaft nicht gelitten hat. Im Gegenteil: Mit überwältigender Überlegenheit riss der Tabellenführer den Rest der Saison ab, souverän und spielfreudig. Nun muss er sie nur in geeigneter Form zu Ende führen.

Artikel vom 28.05.2005