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Auf dem Gipfel der Welt

Champion Liverpool sorgt für unvergessliches Finale

Istanbul (dpa). Als Liverpools Kapitän Steven Gerrard um 0.42 Uhr im roten Konfettiregen des Istanbuler Atatürk-Stadions den begehrtesten Vereinspokal Europas in die Höhe riss, setzte er einen Schlusspunkt unter das atemberaubendeste Finale der Champions League.
»Niemand hat bisher ein Spiel wie dieses gesehen. Die Leute werden noch in 20 oder 30 Jahren darüber sprechen«, sagte FC Liverpools Verteidiger Jamie Carragher, dessen Team beim 6:5 nach Elfmeterschießen (3:3, 0:3) gegen den AC Mailand eine sensationelle Aufholjagd bot. Erstmals überhaupt gewann ein Team im Endspiel nach Drei-Tore-Rückstand.
Deutschlands Nationalspieler Dietmar Hamann, der nach der Pause viel Ordnung ins Spiel der Engländer brachte, sang die Vereinshymne »You never walk alone«. Aber in den Jubel mischte sich auch Wehmut. Denn trotz des Sieges können die Liverpooler den Titel nicht verteidigen. Der Sieger ist nicht automatisch startberechtigt, in der Meisterschaft belegte Liverpool nur Platz fünf.
Allerdings gibt es noch ein Angebot des walisischen Meisters TNS Cardiff, der einen Platz in der Qualifikation hat und diesen gern in einer Play-Off-Partie gegen Liverpool aufs Spiel setzen würde. Dadurch erhofft sich Cardiff eine wohlwollendere Beurteilung bei einem großen Plan: Der Klub möchte künftig in der englischen Premiere League mitwirken.
Ungeachtet aller Spekulationen genoss Liverpool das Ende der 21 Jahre langen Durststrecke im Meister-Cup. Dabei strebten die »Reds« nach einer völlig verpatzten ersten Spielhälfte nur Schadensbegrenzung an. Durch Treffer von Paolo Maldini (1.) und Hernan Crespo (39./43.) führte der Favorit aus Norditalien zur Pause 3:0.
»Ich bin davon ausgegangen, dass ich nach dem Schlusspfiff Tränen vergieße«, gab Gerrard zu. »Aber jetzt stehe ich auf dem Gipfel der Welt.« Vor 69 500 Zuschauern schaffte der Kapitän das 1:3 (54.), danach rissen Vladimir Smicer (56.) und Xabi Alonso mit einem im Nachschuss verwandelten Foulelfmeter (60.) das längst verloren geglaubte Spiel noch aus dem Feuer. Im Elfmeterschießen wurde Jerzy Dudek im FC-Kasten mit seinen Paraden dann zum Mann des Abends. Bereits kurz vor Ende der regulären Spielzeit hatte er zwei Mal gegen Andrej Schewtschenko gerettet, der später auch mit seinem Elfmeter scheiterte und so die tragische Rolle in dieser Partie besetzte.

Artikel vom 28.05.2005