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Beschimpfungen statt
besserer Argumente

Befragung kein Ruhmesblatt für Fischer

Bundesaußenminister Joschka Fischer ist auf dem Bildschirm zu sehen, der während der Befragung vor dem Visa-Untersuchungsausschuss in Berlin aufgestellt worden war.

Zum Visa-Skandal:
Im Vorfeld dieser Politpremiere (Direktübertragung der Befragung eines Ministers im parlamentarischen Untersuchungsausschuss) überschütteten vermeintlich unfehlbare Experten »den Joschka« buchstäblich mit Lobeshymnen. Von einem smarten Selbstdarstellungskünstler, der die Medien perfekt zu seinen Gunsten einzusetzen wisse, war da die Rede.
Die Realität der Marathonbefragung des (Noch-)Ministers gestaltete sich erheblich ernüchternder. Seine Stellungnahme wirkte langatmig und wie eine politische Kampfansage an maßgebliche Teile des gegen ihn verhandelnden Ausschusses. Sogar gewisse Erinnerungen an die selbstgefälligen Auftritte Honeckers und Konsorten in den sogenannten Mauerprozessen wurden nach meinem Eindruck wieder wach. Auch in diesen Verfahren gingen die politisch Hauptverantwortlichen auf die ihnen zur Last gelegten Taten entweder gar nicht oder bloß oberflächlich ein.
Stattdessen widmete man sich da wie dort vornehmlich der Beschimpfung der gegen sie Verhandelnden und der mit dem Brustton vermeintlicher innerer Überzeugung vorgetragenen abstrusen Kampagnen- und Verschwörungstheorien. Letztere bildeten schon zu allen Zeiten das beliebteste Steckenpferd aller politisch arg in Bedrängnis geratenen Linken auf der Welt. Spürte unser »ehrenwerter, über jeden bösen Verdacht politischer Unanständigkeit erhabener Minister Fischer«, dass seine Befrager in der Sache nicht locker ließen, wurde er entweder zynisch oder gar ausfallend. Beileibe kein Ruhmesblatt für einen mutmaßlich heißen Ex-Aspiranten auf den später vielleicht einmal zu schaffenden Posten des EU-Außenministers.

HUBERTUS WULF33034 Brakel

Artikel vom 30.05.2005