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»Mahnmal sprechen lassen«

Nach 17 Jahren Debatte und Bau eine Stätte deutschen Erinnerns

Berlin (dpa). Nach einem 17 Jahre währenden Streit ist gestern in Berlin das Denkmal für die ermordeten Juden Europas eingeweiht worden.
2711 Stelen stecken die Dimension des Terrors ab. Darunter befindet sich ein Informationszentrum.
Der US-Architekt des Mahnmals, Peter Eisenman, sagte sichtlich bewegt: »Es ist mir eine Ehre, das Denkmal dem deutschen Volk zu übergeben. Es soll nun zu den Deutschen und zu der Welt sprechen.« Der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, äußerte neben seiner Anerkennung für das gesamte Projekt auch deutliche Kritik daran, dass sich das Denkmal jeder Aussage über die Schuldigen entziehe.
Das 1999 vom Bundestag beschlossene Denkmal mit 2711 Betonstelen und unterirdischen Dokumentationsräumen wurde von Eisenman entworfen und in zweijähriger Bauzeit für 27,6 Millionen Euro errichtet. Es liegt nur einen Steinwurf entfernt vom früheren Machtzentrum der Nationalsozialisten, der nach dem Krieg abgerissenen Reichskanzlei mit dem »Führerbunker«.
An dem Festakt, der mit dem jüdischen Totengebet endete, nahmen 1000 Ehrengäste aus aller Welt teil, darunter auch Überlebende des Holocaust und die politischen Repräsentanten der Bundesrepublik mit Bundespräsidenten Horst Köhler, Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD), Bundestagspräsident Wolfgang Thierse, Joschka Fischer (Bündnis 90/Grüne) und die CDU-Chefin Angela Merkel.
Israel sagte gestern all denen Dank, die sich für das Mahnmal eingesetzt haben. Es sei symbolhaft für die Beziehungen zwischen Israel und der Bundesrepublik, sagte ein Sprecher.
Spiegel dankte ausdrücklich für die durch das vom Bauwerk »zum Ausdruck gebrachte Solidarität mit der jüdischen Gemeinschaft«. Er würdigte das Denkmal als »wichtiges und notwendiges Signal im Kampf gegen das Vergessen«, das verhindern soll, »dass sich eine dem nationalsozialistischen Menschheitsverbrechen vergleichbare Katastrophe jemals wiederholt«.
Das Denkmal entziehe sich aber der Frage nach dem »Warum« und sei kein authentischer Ort wie andere Gedenkstätten. Es wäre daher »geradezu skandalös, wenn die Gedenkstätten langfristig einen Preis für die Errichtung des »Holocaust-Mahnmals« zu zahlen hätten.« Spiegel unterstützte auch nachdrücklich die Forderung anderer Opfergruppen nach einem würdigen öffentlichen Ort eigenen Gedenkens.
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Artikel vom 11.05.2005