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Von einem, der nichts
gewusst haben will

Doku-Drama: Hitlers Rüstungsminister Speer

»Speer und Er«: Sebastian Koch (rechts) als Albert Speer, Tobias Moretti als Hitler. Foto: ARD

ARD, 20.15 Uhr: Hitlers ehemaliger Rüstungsminister Albert Speer geht in seiner Nürnberger Zelle auf und ab. Er liest, was die Ankläger im Kriegsverbrecherprozess ihm vorwerfen: Dass er mitverantwortlich gewesen sei für das Leid der Juden, der Zwangsarbeiter, der unterjochten Völker.
Speer hat Angst. Aber schon kurze Zeit später hat er sich gefasst. Im Gespräch mit einem US-Militärpsychologen erprobt er die Verteidigungsstrategie, mit der er seinen Kopf aus der Schlinge ziehen wird: Verantwortung übernehmen, Reue zeigen, aber jede persönliche Schuld und das Wissen um die Gräuel von sich weisen.
So beginnt das dreiteilige Doku-Drama »Speer und Er« von Heinrich Breloer, das die ARD heute, am Mittwoch und am Donnerstag, jeweils um 20.15 Uhr zeigt. Speer, so stellt Breloer (63) ihn dar, hat sich nur allzu gerne verführen lassen von Hitler, hat als Architekt dem Diktator die Kulissen geschaffen für seine Selbstinszenierungen, hat als Rüstungsminister alles getan, um die Munition zu liefern für Hitlers Krieg.
Aber schon Monate vor der Kapitulation denkt Speer über das Ende des Dritten Reichs hinaus. Er schreibt Briefe, die ihm einmal zur Verteidigung dienen werden. In Nürnberg und danach als Bestsellerautor im Spandauer Gefängnis erfindet er sich neu - als Technokrat, als einer, der angeblich keine Befehle gab, der vom Völkermord in den Konzentrationslagern nichts gewusst haben will.
Breloer und sein langjähriger Ko-Autor Horst Königstein enttarnen in ihrem Dreiteiler den »Entlastungs-Nazi« Speer.
Die ergreifendsten Momente in Breloers Doku-Drama sind die Szenen, in denen Zeitzeugen das kommentieren, was gerade in Spielszenen oder Originalaufnahmen zu sehen war - ehemalige Zwangsarbeiter in der unterirdischen Raketenfabrik und vor allem Speers Kinder, die sich mit der Vergangenheit ihres Vaters konfrontieren lassen.

Artikel vom 09.05.2005