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»Kunst nicht steril verpacken«

Architekt Frank Owen Gehry lehnt zurückhaltende Museumsbauten ab

Von Christian Althoff
Herford (WB). Nach Überzeugung des kalifornischen Architekten Frank O. Gehry (76) lenkt ein architektonisch auffälliges Museum die Besucher nicht von der ausgestellten Kunst ab.
Erst aus einer erhöhten Perspektive ist MARTas verspielte Edelstahl-Dachlandschaft in vollem Umfang erkennbar. Foto: Jörn Hannemann

»Im Gegenteil: Die Werke werden aufgewertet«, erklärte Gehry am Wochenende in Herford bei der Eröffnung des Museums MARTa, das der Kalifornier entworfen hatte. Gehry sagte, er baue nirgendwo so gerne wie in Deutschland. Es sei einfacher hier, weil die Kunst den Deutschen im Blut liege: »It's in the DNA of the German!«, erklärte er schmunzelnd und fuhr fort: »Schinkel, Goethe, Caspar David Friedrich, Ludwieg Mies van der Rohe - wir schauen zu euch Deutschen auf!«
Gehry erzählte, dass ihm als jungem Architekten beigebracht worden sei, Museen müssten im Interesse der Kunst zurückhaltend gestaltet werden: »Als sterile Container, völlig unbeeindruckend, ohne eigene Persönlichkeit.« Als er diese Lehrmeinung gegenüber bildenden Künstlern vertreten habe, hätten die gesagt: »Frank, you are full of shit!« - und er habe sich an sein Zeichenbrett gesetzt. »Es ist nämlich so, dass Künstler ihre Werke an wichtigen Orten zeigen wollen. Der Pariser Louvre beispielsweise ist völlig ungeeignet, um dort Bilder zu präsentieren. Aber es ist eben etwas Besonderes, im Louvre seine Werke ausstellen zu dürfen.«
Der Eindruck, den ein Kunstwerk hinterlasse, sei ein ganz anderer, wenn auch die Umgebung schön anzusehen sei, sagte Gehry. Dies hätten die Betreiber des New Yorker »Museums of Modern Art« (MoMA) bis heute nicht verstanden: »Gehen Sie hin und schauen Sie es sich an! Dort wirken die herrlichsten Bilder schrecklich.«
Gehry hatte Ende der 90er Jahre an einem Architektenwettbewerb zur Erweiterung des »MoMA« teilgenommen, den Zuschlag hatte jedoch der Japaner Yoshio Taniguchi für seinen zurückhaltenderen Entwurf bekommen. »Während der gesamten Bauzeit haben die MoMA-Leute immer wieder Statements herausgegeben, in denen sie betont haben, dass das MoMA kein Gehry-Bau werde«, erzählte Frank Gehry am Samstag und fügte lächelnd hinzu: »Insofern ist MARTa meine Revanche fürs MoMA.«
Der 76-Jährige sagte, er habe sich lange in Herford umgesehen, bevor er MARTa geschaffen habe, das sich nun trotz seiner Handschrift in die Umgebung einfüge: »Ich hoffe, dass die Herforder stolz auf ihr neues Haus sind.« Sie seien tapfer gewesen, als es finanzielle Schwierigkeiten gegeben habe, aber sie hätten durchgehalten, und er glaube, dass sich das gelohnt habe, erklärte Gehry und sagte zum Schluss: »Ich habe ein Stück von mir in Herford gelassen. Und ich denke, ich komme wieder. . .«

Artikel vom 09.05.2005