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Alle spielen für
den SV Werder

Fast perfekter Schaaf-Geburtstag

Von Friedrich-Wilhelm Kröger
Bremen (WB). Gibt es so etwas wie den perfekten Tag? Der 30. April 2005 war es für den SV Werder Bremen höchstens deswegen nicht, weil der Titelverteidiger seinen Glückwunsch zum FC Bayern nach München entrichten musste.

Das hat dann wohl ein bisschen Wehmut ausgelöst beim Fußball-Meister, der kein Meister bleiben wird und sich beim Gratulieren bestimmt daran erinnert hat, wie schön das alles war. So ungefähr vor einem Jahr um diese Zeit.
Aber ansonsten erlebten die Bremer doch angenehme Stunden. Es gab schließlich nicht nur das 3:0 gegen Arminia Bielefeld, sondern auch regelmässig gute Kunde aus den anderen Arenen. Das Einblenden der Ergebnisse auf der Anzeigetafel im Weserstadion führte meistens zu ungehemmten Jubelstürmen bei den Bremer Anhängern. Sie konnten es kaum glauben und kamen aus dem Staunen gar nicht mehr heraus: Eine Punkteteilung zwischen Schalke und Leverkusen, auch nur ein Zähler für Dortmund, eine Nullrunde sogar für Stuttgart und Hertha BSC - das war weit mehr als die Werderaner verlangen konnten vom 31. Spieltag.
So war es schließlich doch ein Tag wie aus dem Ball-Bilderbuch. Jedenfalls hätte sich Trainer Thomas Schaaf einen weitaus ungünstigeren Verlauf seines 44. Geburtstages vorstellen können und auch einen weniger reich gedeckten Geschenketisch. Die Bielefelder präsentierten sich als gern gesehene Party-Gäste. Sie brachten als willkommenes Präsent lahme Gegenwehr mit. Auch fast alle anderen Mannschaften verhielten sich so, als sei es ungehörig, die Trainerfeier beim Titelverteidiger zu stören. Deswegen rückte Bremen wieder näher an die Champions League-Plätze heran. Und wenn sich Werder auf den letzten Drücker noch einen davon abholt, dann war es doch eine gute Saison.
Allerdings verführte der wieder überschaubare Abstand zu Schalke auf Platz zwei und Stuttgart auf Rang drei die Spieler des Tabellenvierten nicht zu Freudengesängen. Torjäger Miroslav Klose riet dazu, sich stark an die Grundlagen allen Schaffens zu halten: »Wir sollten uns weiter darauf konzentrieren, das Wesentliche zu tun. Für mich ist es am wichtigsten, auf dem Platz richtig zu ackern und sich reinzuhängen.« Schon in der Woche hatte der Nationalspieler angemahnt, es müsse Schluss sein mit dem inspirationslosen »la-la-Fußball.«
Sein verteidigender Teamgefährte Valerien Ismael machte mit einer Handbewegung klar, ein 3:0 gegen Bielefeld nicht höher zu hängen als es gehört. Ball flach halten, bedeutete die Geste des Franzosen. Noch ist Bremen nicht über den Berg. Nach drei Bundesliga-Niederlagen und dem Pokal-Aus in Schalke hatte die grün-weiße Werder-Fahne schon verdächtig auf Halbmast gehangen. »Wenn es nicht so richtig läuft und es Enttäuschungen gibt, kommt es darauf an, als Gruppe zusammenzuhalten, das haben wir nicht so hinbekommen. Da hatte ich nicht das Gefühl, dass alle an einem Strang ziehen«, blickte Sportdirektor Klaus Allofs auf die vergangenen Wochen zurück. Die waren so unangenehm, dass Trainer Schaaf gegen sein eigentliches Naturell verstieß und zuletzt eine lautere Tonlage als üblich wählte.
Dramatisieren wollte er wie üblich nichts, dazu gibt es nun auch keinen Grund mehr. Die Ersatz-Meisterprüfung der entthronten Meistermannschaft steht allerdings noch aus. Die absolviert Werder am Samstag in Dortmund. Wenn die Hochrechnung von Sportchef Allofs stimmt, darf es im Saisonfinale weder dort noch woanders einen Rückschlag geben: »Um eine Champions League-Chance zu haben, müssen wir alle drei Spiele gewinnen.«

Artikel vom 02.05.2005