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Freiburg ist auf Abschiedstour

Trainer Finke blickt schon nach vorn: »Testspiel« beim DSC Arminia

Von Friedrich-Wilhelm Kröger
Bielefeld (WB). Das ist vermutlich das Schlimmste für einen Fußball-Profi: Wenn nicht einmal mehr ein Sieg hilft. Der Sportclub Freiburg ist schon seit Wochen auf Abschiedstour durch die Bundesliga. Mit 17 Punkten klebt die Mannschaft von Trainer Volker Finke am Tabellenende fest. Und an diesem Samstag in Bielefeld könnte endgültig der Hammer fallen.

Vor dem Abstieg zu stehen oder tatsächlich abgestiegen zu sein: das macht keinen großen Unterschied mehr, nur noch einen kleinen. »Es ist beruhigend zu wissen, dass das bald ein Ende hat«, sagte Richard Golz schon nach dem 1:3 gegen Bayer Leverkusen in der vergangenen Woche. Die Reise nach Ostwestfalen kann dem Team und seinem Torhüter trotzdem nicht erspart bleiben, obwohl das alles andere als ein schöner Betriebsausflug zu werden verspricht: Zum Absteigen von Baden nach Bielefeld - verlieren die Freiburger, ist es aus und vorbei.
Dabei lief es zu Beginn für den SC gar nicht so schlecht. Nach fünf Spieltagen war die Auswahl vom Schwarzwald-Rand immer noch ungeschlagen und Achter der Tabelle. Es musste schon der FC Bayern aufspielen, um Freiburg die erste Saisonniederlage beizubringen. Auf Talfahrt begab sich die Mannschaft erst nach und nach. Fast so schleichend, dass es niemand bemerkte. Nach dem 2:3 gegen Arminia Bielefeld im Hinspiel am 13. November fielen die Verlierer jedoch schon auf Platz 17 zurück und riefen den Alarm aus.
Aus dem Dunkel führte seitdem kein Weg mehr ans Licht, und auch der letzte Freiburg-Funke erlosch schnell. Am zweiten Spieltag der Rückrunde gelang noch einmal ein 1:0 gegen den VfL Wolfsburg - es war erst der dritte Saisonsieg und sollte bis zum heutigen Tag der letzte gewesen sein. Daher ist die Ausgangslage absolut trost- und hoffnungslos. 17 Punkte, Platz 18, 13 Zähler Abstand bis Platz 15 - die Zahlen sind niederschmetternd. Andere Vereine hätten wohl ihren Trainer gefeuert, doch in Freiburg heißt der Bank-Gelehrte weiter Volker Finke. Der Mann hätte sich nur selbst entfernen können, sein Präsident Achim Stocker hält von solchen Maßnahmen gar nichts.
Finke ist Freiburg. Seit fast 14 Jahren. Der dienstälteste Bundesligatrainer stieg am 1. Juli 1991 ein und wenn er zwischendurch in Erwägung gezogen hat, mal etwas anderes zu tun, so muss er am Ende seiner Überlegungen doch immer wieder gute Gründe gefunden haben, dem SC treu zu bleiben. Es gab auch viele gute Jahre. Platz drei haben sie in ihrer Glanzzeit geschafft, im Europacup ihr Können demonstriert. Mit ihrem Zack-Zack-Kurzpass-Spiel waren die Freiburger stilbildend, und regelmässig entdeckte Volker Finke preiswerte Kicker-Kräfte, die mehr konnten als sie kosteten.
Aber jetzt hat die Vergangenheit den SC Freiburg wieder eingeholt. Absteigen musste die Mannschaft auch schon 1997 und 2002. Aller schlechten Dinge sind drei. Aller guten auch? Bisher gelang stets die sofortige Rückkehr. Mit Finke, dessen Mannschaft sich nun darum bemüht, ihre vorläufig letzten erstklassigen Auftritte mit Anstand über die Bühne zu bringen. Hängen lassen haben sich die Spieler auch nicht: Den Hamburgern klauten sie einen Punkt, die Berliner haben sie geärgert und gegen Leverkusen zwischendurch wenigstens den Ausgleich erzielt.
Warum es so kam wie es gekommen ist? Personalsorgen, taktische Probleme, Pech, falsche Pfiffe - das übliche Programm also. Vielleicht hätte sich ein anderer als Finke daran probieren sollen, Freiburg zu retten. Doch auch die Fanaufstände gerieten im Vergleich zu anderen »Revolten« eher milde und reichten nicht aus, dem SC einen neuen Trainer zu verschaffen. Der plant nun den Wiederaufbau und wird schon in Bielefeld einige Profis aufbieten, die sich für die Zukunft empfehlen können. Hier richtet der Trainer eines Absteigers seinen Blick nach vorn: »Wir wollen in Bielefeld ordentlich spielen und nichts herschenken, aber ich muss auch schon an die nächste Saison denken.« Also wird die Partie bei Arminia zum Testfall - damit der voraussichtliche Abstiegskick wenigstens noch seinen Nutzen hat.

Artikel vom 23.04.2005