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Das Chaos in der Rechtschreibdebatte

1996 begann die Zwischenstaatliche Kommission (ZSK) mit der Überarbeitung der Rechtschreibregeln, die am 1. August 1998 übergangsweise Anwendung finden und am 1. August dieses Jahres endgültig in Kraft treten sollen. Der ZSK ist am Institut für Deutsche Sprache (IDS) in Mannheim beheimatet. Ein ZSK-Mitglied, der Potsdamer Germanist Peter Eisenberg, verließ nach Differenzen das Gremium.
In der Folgezeit beriet er (ohne in sie einzutreten) eine Kommission der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung (DASD). Mitglied dieser Kommission, die seit 1997 an einem Kompromissvorschlag feilt, ist Hartmut von Hentig, Gründer und ehemaliger Leiter von Oberstufenkolleg und Laborschule Bielefeld.
Eisenberg und DASD-Kommission/von Hentig wollten anfangs ein von dem Erlanger Germanisten Theodor Ickler angeregtes Rechtschreibwörterbuch mittragen, sprangen aber wieder ab - Ickler machte alleine weiter. Nach dem Fortfall des alten »Monopols« gibt es jetzt vier uneinheitlich autorisierte Regelwerke (Duden, Wahrig, Bertelsmann-Lexikon, Ickler).
Ende 2004 beschloss die Kultusministerkonferenz (KMK) die Bildung eines Rates für deutsche Rechtschreibung (RDR), die 37 Mitglieder aus rivalisierenden Institutionen hat, weswegen Eisenberg/von Hentig den RDR als »nicht arbeitsfähiges Palaver-Gremium« ablehnten. Weitere Kritik: Die RDR-Geschäftsstelle ist beim IDS angesiedelt, womit ihre von der KMK geforderte Unabhängigkeit reine Augenwischerei sei.
Alles Schnee von gestern - jetzt geht's völlig durcheinander: Eisenberg arbeitet seit Februar doch beim RDR mit. Von Hentig wiederum widmet sein zeitgleich auf den Markt geworfenes Kompromissbüchlein ebendiesem Seitenwechsler. Gleichzeitig erklärt er darin jedoch Eisenbergs Positionen für »verhandelbar«.

Artikel vom 05.04.2005