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Die Alonsomanía in España

Auch Köng Juan Carlos ist ein Fan des Renault-Piloten und Sepang-Siegers

Madrid/Sakhir (dpa). Nach seinem Sieg beim Großen Preis von Malaysia war Fernando Alonso für zwei Wochen wie vom Erdboden verschluckt.

Aber wenn der Spanier an diesem Sonntag (13.30 Uhr/RTL und Premiere) beim Wüstenrennen in Bahrain seinen Spitzenplatz in der der Formel-1-WM verteidigt, geht der Rummel wieder los. Dann kommt Spanien wieder fast zum Stillstand, und der 23-jährige Rennfahrer wird die »galaktischen« Fußballer von Real Madrid von den Titelseiten der Sportblätter verdrängen.
Und Alonso ist gewillt, seinen Thron im Königreich zu verteidigen. »Um das Podium zu kämpfen, muss das Minimum sein«, sagte der Spanier. Druck verspürt er keinen: »Spitzenreiter zu sein, ist nicht wirklich ein Problem. Nicht nach zwei Rennen.« Das Auto sei stark und er selbst zuversichtlich.
Die »Alonsomanía« nahm in Spanien zuletzt solche Ausmaße an, dass selbst König Juan Carlos zum Superstar kaum durchkam. Der Monarch hatte das Rennen in Malaysia live im TV verfolgt und wollte dem Sieger als erster gratulieren. Aber als der König anrief, saß Alonso noch in seinem Renault und drehte die Ehrenrunde. Erst beim zweiten Versuch konnte Juan Carlos seine Glückwünsche übermitteln. Fotografen versuchten ihn zudem auf seinem Grundstück »abzuknipsen«. »Sie tun ihren Job, aber sie sind zu weit gegangen«, meinte Alonso, der seine Privatsphäre verletzt sah. »Die Menschen in Spanien sind so: Wenn es läuft, sind sie himmelhochjauchzend und wenn nicht, sind sie zu Tode betrübt.«
Alonso selbst scheut das Rampenlicht. Während die Presse ihn nach dem jüngsten Sieg als »neuen Michael Schumacher« und den »echten Galaktischen« feierte, spielte er den Triumph herunter: »Man gewinnt ein Rennen, aber beim nächsten ist man nur Achter. Da ist es besser, sich nicht groß aufzuspielen.« In einem Interview gab er zu bedenken: »Vielleicht bin ich im Sport nur so gut, weil ich zu nichts anderem tauge.«
Spaniens neuer Sportheld erweist sich als ein Mann mit zwei Gesichtern. Außerhalb der Rennstrecke ist er zurückhaltend und bescheiden. Am Steuer seines Formel-1-Boliden dagegen hört er plötzlich auf, der einfache Junge aus der nordspanischen Provinz zu sein. Da will Alonso keinen Rivalen vor sich sehen, und er verwandelt sich in einen Siegertypen mit aggressivem Fahrstil.
So brach er einen Rekord nach dem anderen; bei all seinen Triumphen war er immer der Erste und der Jüngste. 2003 stand er in Malaysia nach einem dritten Platz als jüngster Fahrer überhaupt auf dem Siegerpodest; in Ungarn gewann er mit 22 Jahren als Jüngster ein Grand-Prix-Rennen; und nun ist er der erste Spanier, der die WM-Wertung anführt.
Keiner der Großen in der Formel 1 war in seinem Alter so weit gekommen wie Alonso. Sein Aufstieg ist längst zur Legende geworden. Schon mit drei Jahren sammelte Alonso erste »Rennerfahrung« mit einem Kart. Sein Vater klemmte ihm Klötze unter die Sohlen, damit der Kleine überhaupt die Pedalen erreichte. Auf alten Fotos ist er mit Pokalen zu sehen, die größer sind als er. Mit zwölf Jahren wurde er spanischer Nachwuchsmeister. Noch bevor er den Führerschein machen konnte, stieg er in die Formel Nissan auf und büffelte in den Rennpausen für die theoretische Fahrprüfung.

Artikel vom 01.04.2005