01.04.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Ausschuss
hört Fischer
am 25. April

Termin noch vor der NRW-Wahl

Berlin (AP). Nach wochenlangem Streit sagt Bundesaußenminister Joschka Fischer überraschend doch noch vor der Wahl in NRW (22. Mai) im Visa-Ausschuss des Bundestages aus. Auf den 25. April einigten sich gestern im Ausschuss in Berlin alle Parteien.

Rot-Grün hatte zuvor lange Widerstand gegen die Vernehmung Fischers vor der Wahl geleistet, weil durch die Visa-Affäre Nachteile für den Wahlkampf befürchtet worden waren. Der Terminvorschlag von Rot-Grün kam aus heiterem Himmel. CDU-Politiker Reinhard Grindel gab gestern zu, vorher nichts von dem Vorschlag gewusst zu haben. Grindel nannte den Vorstoß von Rot-Grün »Trickserei auf hohem Niveau«. SPD-Obmann Olaf Scholz wollte nicht sagen, wer die Idee zum dem Coup wann hatte. Er sagte nur: »Über uns ist gemeinsam eine Erscheinung gekommen.« Der taktische Spielraum wurde Rot-Grün offenbar deutlich, nachdem der Obmann von CDU/CSU, Eckart von Klaeden, wiederholt erklärt hatte, seine Seite habe keine juristischen Mittel, die Mehrheit von Rot-Grün im Ausschuss zu irgendetwas zu zwingen. Über Ostern hatte Klaeden dann erklärt, er wolle notfalls mit Hilfe des Bundesgerichtshofes eine frühe Vernehmung Fischers, bis spätestens 12. Mai, erzwingen.
Der Ausschuss einigte sich auch auf eine Zeugenliste mit mehr als 50 Namen bis zum 8. Juli. Die Reihenfolge soll den fachlichen Erfordernissen angepasst werden. Ex-Staatsminister Ludger Volmer, der mit einem umstrittenen Erlass von März 2000 die Visa-Vergabe erleichtert hatte, wird einige Tage vor Fischer, am 21. April, aussagen. Am letzten Tag soll Innenminister Otto Schily vernommen werden. Klaeden: »Dieses Datum muss nicht das Ende der Beweisaufnahme bedeuten.«
Vor der Einigung auf die Zeugenliste hatten sich beide Seiten vorgeworfen, ein »Doppelspiel« zu betreiben. Klaeden nannte den Vorstoß von Rot-Grün eine Fortsetzung des »Doppelspiels«. Unter den Zeugen seien zwar alle Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes, die der Ausschuss habe hören wollen. Aber bisher sei vom Auswärtigen Amt nicht einmal die Hälfte der angeforderten Akten übergeben worden. Klaeden sagte auch, die ursprünglich von Rot-Grün vorgelegte Zeugen-Liste sei überfrachtet, weil an manchen Tagen bis zu acht Namen aufgeführt seien. Scholz konterte, alle von der Union benannten Zeugen seien aufgeführt worden.
Im Ausschuss schilderten zudem Staatsanwälte und Richter aus zwei Prozessen den Ablauf von Schleusungen aus der Ukraine. Bei dem Verfahren in Dresden wurde der Hauptangeklagte zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Es sei offensichtlich gewesen, dass die Visa-Erteilungspraxis von der Organisierten Kriminalität missbraucht worden sei, sagte der Richter. In dem Urteil aus Münster war als strafmildernd gewertet worden, dass die Straftaten »angesichts der politisch angeordneten, großzügigen Handhabung der Visa-Erteilung leicht gemacht worden war«.Seite 4: Kommentar

Artikel vom 01.04.2005