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Polnische Fliesenleger auch in OWL

41 legale Gewerbeanmeldungen

Von Reinhard Brockmann
Bielefeld (WB). Das Handwerk in Ostwestfalen-Lippe bekommt zunehmend Konkurrenz aus Osteuropa - obwohl die EU-Dienstleistungsrichtlinie noch nicht beschlossen ist.

In Ostwestfalen-Lippe haben 19 Fliesenleger aus Polen und anderen EU-Beitrittsländern seit 2004 völlig legal ein Gewerbe angemeldet. Es zieht aber auch Fleischzerleger, Bodenleger, Maurer, Stukkateure, Fertigteil-Einbauer und Kosmetiker an den Teuto. Die insgesamt 41 Anmeldungen erfolgten fast alle durch polnische Staatsbürger, drei Handwerker stammen aus dem Baltikum.
In Köln haben allein in diesem Jahr 650, in München knapp 1000 und in Hamburg 85 polnische Fliesenleger die Niederlassungsfreiheit in Anspruch genommen. Als Selbständige ohne Angestellte können Sie in Deutschland arbeiten und rechnen Aufträge meist zu Stundensätzen um 15 Euro ab.
»Ostwestfalen-Lippe ist eher Transitraum«, sieht Michael Heesing, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Bielefeld, die heimische Region von dem neuen Trend noch relativ verschont. Dennoch wird bei der Kammer höchst aufmerksam die Entwicklung verfolgt, zumal mit der EU-Dienstleistungsrichtlinie noch ganz andere Belastungen drohen.
Das darin verankerte Herkunfstlandprinzip könnte bedeuten, dass Dienstleister nur noch die Tarife und sozialen Bestimmungen ihres Heimatstaates beachten müssen, wenn sie in einem anderen EU-Staat aktiv sind. Kritiker warnen vor Wanderarbeitern, die nationale Lohnniveaus unterlaufen.
Heesing hofft dagegen, dass der Entwurf in seinen Konsequenzen für das traditionelle Handwerk abgeschwächt werden kann. »Wir brauchen eine weniger aufgeregte Diskussion«. Leider gebe es immer noch unterschiedliche Auslegungen der Richtlinie zwischen Teilen der Bundesregierung und Brüssel in Fragen des Arbeits- und Hygienerechts sowie der Qualifikation. Die Richtline könne auch deutschen Betrieben die Ausführung von Aufträgen jenseits der nationalen Grenzen erleichtern.
Unterdessen verlangt der Deutsche Gewerkschaftsbund ein klares Eintreten der Bundesregierung gegen die Richtlinie. Hintergrund sind Berichte über ein angebliches Zögern von Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) bei der Zurückweisung der in Brüssel betriebenen Reform. Trotz anhaltender Kritik von Kanzler Gerhard Schröder (SPD) an der Dienstleistungsrichtlinie hat Berlin immer noch keine Stellungnahme nach Brüssel geschickt.
Ursprünglich sollte Schröder die deutschen Einwände schon Ende Februar auf den Weg bringen. Clement hatte sich zuletzt auch in Bielefeld gegen ein übermäßiges »Sozialdumping« nach unten ausgesprochen. Der Bundeskanzler hatte auch bei seinem Treffen mit dem französischen Staatspräsidenten Jacques Chirac in Blomberg eine Neufassung der Richtlinie gefordert. Seite 4: Leitartikel

Artikel vom 17.03.2005