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Aus Geldgier
gehandelt

Acht Jahre Haft für Angeklagte

Von Uwe Koch
Bielefeld (WB). Als »dissozial, rücksichtslos und gefühllos« hat das Bielefelder Landgericht die Frau bezeichnet, die die Invalidität ihres Freundes in Kauf nahm, weil sie geldgierig war. Die 39-jährige Birgit K. soll nun wegen schweren Betruges und gefährlicher Körperverletzung acht Jahre Haft absitzen.

Der Prozess um die »abenteuerlichen« Versicherungsbetrügereien ist gestern abgeschlossen worden. Das Opfer, der nahezu verkrüppelte Landschaftsgärtner Heinrich J. aus Bad Pyrmont, sahen die Richter schon als bestraft genug an: Der 55-Jährige kam mit einer zweijährigen Bewährungsstrafe ohne Auflagen davon. Die Sozialarbeiterin Christiane G. (46), die als Geliebte der Hauptangeklagten von den Versicherungszahlungen in Höhe von 815 000 Euro profitiert hatte, erhielt ebenfalls zwei Jahre Bewährungsstrafe. Der Steinsetzer Gerhard J. schließlich, der an einem fingierten Autounfall beteiligt war, soll drei Jahre und zwei Monate hinter Gittern verbringen.
100 Minuten benötigte Dieter Fels als Vorsitzender der 2. Großen Strafkammer, um das »abstruse« Beziehungsgeflecht dieser vier Personen seit Ende der 80er Jahre zu erläutern und letztlich auch die Beweisgründe der Richter zu erklären. In einer »desaströsen« wirtschaftlichen Lage hatte sich das ungleiche Paar Heinrich J. und Birgit K. befunden, die Schulden drückten. Gegen 2000 verfiel das Duo auf die makabre Idee, Kapital aus Versicherungsverträgen zu schlagen.
Nach Abschluss zweier Policen musste der Landschaftsgärtner zweimal als Opfer herhalten, zweimal ließ er sich in Bielefeld und Werther von einem Auto überrollen. Erst brach ihm Birgit K. ein Bein; als Gerhard J. beim zweiten Versuch half, wurden ihm die Knochen des linken Armes und des linken Beines gebrochen.
Insgesamt kassierte - so die Überzeugung des Gerichts - vor allem Birgit K. 815 000 Euro, denn »sie war die Herrin des Verfahrens«. Über die Konten des Bielefelder Rechtsanwalts Uwe F. wurde das Geld nach Erkenntnis der Ermittler gewaschen, und dabei half Christiane G. als Geliebte der Birgit K.
Dieter Fels erwähnte in seiner Urteilsbegründung daher auch einen Erpressungsversuch, dessen Opfer ausgerechnet die Betrügerin Birgit K. wurde: Gerhard J. hatte im Sommer 2001 in einem Schreiben unvermittelt Geld für die Beihilfe gefordert. Birgit K. übergab diesen Brief ihrem Rechtsanwalt, der mit der Forderung des Erpressers kurzen Prozess machte. »Wer im Glashaus sitzt, der darf nicht mit Steinen werfen«, konterte Jurist Uwe F.
Während das Verfahren gegen die vier Versicherungsbetrüger vor einem Bielefelder Gericht nun vorerst abgeschlossen ist, könnte der Prozess gegen den Rechtsanwalt noch bevorstehen. Die Ermittlungen gegen Uwe F. laufen weiter.

Artikel vom 15.03.2005