15.03.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Renten kürzen - Steuern runter

Arbeitgeberpräsident Hundt plädiert vor Job-Gipfel für »Agenda 2005«

Berlin (AP/dpa). Die Wirtschaft hat der Bundesregierung geraten, zur Senkung der Lohnzusatzkosten die Renten zu kürzen. Vor dem Job-Gipfel bei Bundeskanzler Gerhard Schröder forderte Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt gestern in Berlin eine »Agenda 2005« für Wachstum und Beschäftigung.

Hundt verlangte, die Steuern sämtlicher Unternehmen um mindestens zehn Prozentpunkte zu reduzieren. Bislang plant die Regierung lediglich eine Senkung der Körperschaftsteuer, die fast ausschließlich Konzerne entrichten.
Hundt klagte, die momentane Steuerlast der Unternehmen von ungefähr 39 Prozent sei viel zu hoch und müsse wenigstens auf knapp unter 30 Prozent, besser aber auf 25 Prozent sinken.
Ebenso wie Hundt warnte Handwerkspräsident Otto Kentzler die Regierung davor, lediglich die Steuerlast der Konzerne zu reduzieren. Dann nämlich gingen gut 85 Prozent der deutschen Betriebe leer aus, sagte Kentzler. Dabei seien es gerade kleine und mittlere Unternehmen, die Jobs schüfen. Weiter sagte er, der Mittelstand müsse die Möglichkeit erhalten, wieder mehr Eigenkapital zu bilden und seine Liquidität zu erhöhen.
Hundt plädierte auch für massive Einschnitte ins soziale Netz. »Die nächsten 18 Monate bis zur Bundestagswahl dürfen in keinem Fall Stillstand bedeuten.« Zur Stabilisierung der Rentenkasse schlug Hundt die Abschaffung der Sicherungsklausel vor, die Abstriche am Rentenniveau gesetzlich verbietet. Die Alternative sei, dass die Ruheständler einen höheren Betrag zur Krankenversicherung zahlen müssten. Dies würde ebenfalls zu Mehrbelastungen führen. »Ich verlange keine weitere Rentenkürzung.« Es sei jedoch richtig, dass seine Idee »zu einer Absenkung führt«. Handele die Regierung nicht, drohe ein dramatischer Anstieg der Rentenbeiträge.
Das Bundessozialministerium lehnte Hundts Wunsch strikt ab und betonte: »Ein Minus ist gesetzlich ausgeschlossen«.
Regierung und Opposition sehen ihrem Job-Gipfel am Donnerstag optimistisch entgegen. »Ich hoffe auf ein gutes Ergebnis am Donnerstag«, sagte Bundeskanzler Gerhard Schröder in Berlin. CDU-Vorsitzende Angela Merkel betonte: »Wir wollen Ergebnisse.« Sie warnte allerdings davor, den bevorstehenden Job-Gipfel zu überfrachten. »Wir wollen nicht über alles und jeder sprechen«, sagte sie. Bei 5,2 Millionen Arbeitslosen gehe sie nicht zu einer »Kaffeerunde«.
SPD-Generalsekretär Klaus Uwe Benneter sprach von »ermutigenden Zeichen« für einen Erfolg des Spitzengesprächs. Er denke zum Beispiel an das Einlenken vieler CDU/CSU-Politiker im Streit um die Abschaffung der Eigenheimzulage. Allerdings machte er klar, dass die Kompromissbereitschaft Grenzen habe.
Die Union bekräftigte die Absicht, Schröder die Umsetzung ihres Zehn-Punkte-Programms vorzuschlagen. »Ich hoffe, dass etwas dabei herauskommt«, sagte CDU-Generalsekretär Volker Kauder. Die Union habe ihre Hausaufgaben gemacht und warte nun auf Schröders Vorschläge.
Die FDP rechnet nicht damit, dass der Reformgipfel die hohen Erwartungen erfüllt.
Der FDP-Steuerexperte Hermann Otto Solms sagte, bei dem Jobgipfel von Regierung und Opposition müssten eigentlich »fundamentale Ergebnisse« erzielt werden. Er habe jedoch nicht die Hoffnung, dass zukunftsträchtige Konzepte umgesetzt würden.

Artikel vom 15.03.2005