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Am liebsten auf hoher See
Kreuzfahrten werden immer beliebter - Auch junge Leute reisen per Schiff
Reeder in aller Welt frohlocken, denn die deutschen Urlauber zieht es mehr als jemals zuvor aufs Wasser. So verbrachten im vergangenen Jahr 583 000 Bundesbürger ihren Urlaub auf einem Hochseeschiff (plus 8,5 Prozent), und 306 500 Deutsche gingen an Bord eines Flussschiffes (plus 11,5 Prozent).
Parallel dazu stieg die Zahl der Passagiernächte: bei Hochseeschiffen um 6,7 Prozent auf rund 5,7 Millionen, bei Flussschiffen um 10,7 Prozent auf knapp 2,5 Millionen. In zehn Jahren hat sich das Passagieraufkommen somit verdreifacht.
Flexibilität statt starrer Preisgestaltung lautet heute die Devise bei den Veranstaltern, und das macht Kreuzfahrten zunehmend auch für jüngere Zielgruppen interessant. So verzeichnete etwa »AIDA Cruises« 2004 mit vier Schiffen bei 370 Millionen Euro Umsatz und 211 000 Gästen das erfolgreichste Jahr in seiner Geschichte.
Zwei weitere Clubschiffe des Anbieters werden 2007 und 2009 vom Stapel laufen. Verschiedene Preismodelle, wie Frühbucher-Ermäßigung, Kinder- und Jugend-Rabatte und tagesaktuelle Preise, mit denen Flexibilität bezüglich Schiff, Route und Kabine belohnt werden, tragen schon jetzt zum Erfolg bei.
In ähnlichem Fahrwasser schwimmt auch »Costa Kreuzfahrten«: »Best Offer« heißt die Formel, mit der eine zweite Person von der Sommersaison 2005 an auf den sieben Schiffen des Veranstalters zu einem sehr günstigen Tarif mitreisen kann. Schnuppertouren sind ebenfalls ein neues Konzept, um Einsteiger mit Schwellenangst auf hohe See zu locken. Die Reederei Deilmann praktiziert dies an Bord ihrer »MS Deutschland« erfolgreich zwischen Schleswig-Holstein und Dänemark.
Color-Line setzt erstmalig auf der Ostsee eine Autofähre mit Kreuzfahrtcharakter in den Linienverkehr ein. So wird die Passage von Kiel nach Oslo zur zweitägigen Mini-Kreuzfahrt. Immer öfter stehen Kreuzfahrten unter einem Motto. Garten, Golf und Musik sind Themen, die neue Interessenten anlocken. Der klassische Rhythmus »frühmorgens Einlaufen in den Hafen, abends auslaufen« hat ausgedient - Liegezeiten von zwei Tagen sind nichts Außergewöhnliches, zum Ausgleich gibt es mehr komplette Seetage.
Im Gegensatz zum US-Markt, wo die Schiffe gar nicht groß genug sein können, zieht es die Deutschen auf übersichtlichere Dampfer, die Gemütlichkeit ausstrahlen. Motorschiffe bekommen zudem Konkurrenz von Segelbooten - allen voran denen der Reederei »Star Clippers«. Ihre Beliebtheit verdanken die Großsegler nicht zuletzt der ARD-Serie »Unter weißen Segeln«, die als Pendant zum »Traumschiff« des ZDF läuft.
Für das Kreuzfahrt-Erlebnis auf hoher See zahlten die Gäste weniger als 2003: Der Deutsche Reisebüro-Verband beziffert die durchschnittliche Tagesrate mit 199 Euro (minus 0,3 Prozent).
Das Segment Flussreisen wächst noch schneller als der Hochsee-Markt. Die Passagiere profitieren davon: Bei Reisen mit der exklusiven »River Cloud II« in ihrer jüngsten Italien-Saison waren der Hin- und Rückflug von allen größeren Flughäfen in Deutschland ab/bis Venedig im Preis eingeschlossen. Bei allen Reisen sind auch die Landausflüge im Preis inbegriffen. Wegen unkalkulierbarer Wasserstände verliert der Po allerdings seine Attraktivität. So werden die Schiffe zunehmend auf die Donau verlegt, wo die Urlauber inzwischen die Qual der Wahl zwischen 100 Kreuzern haben. Der Boom der Flusskreuzfahrten war trotz einer 2,4-prozentigen Preissteigerung ungebrochen: Die Tagesrate lag 2004 bei 143,7 Euro.
Thomas Albertsen

Artikel vom 19.03.2005