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Merkur-Abbau als Nacht-und-Nebel-Aktion

Mit Umzug auf Bunnemannplatz begonnen - 3000 Unterschriften für Erhalt werden dennoch übergeben

Von Burgit Hörttrich
Bielefeld (WB). Am Sonntag schwebte er noch, der Merkur, am Montag musste er seine Heimstatt seit 41 Jahren, den Alten Markt, verlassen. Wohl endgültig. Auch, wenn es die Wählervereinigung »Bürgernähe« noch nicht wahrhaben möchte.

Die Bronzefigur des Merkur wurde gestern Morgen abmontiert und in eine Werkstatt geschafft, um Schrauben gängiger zu machen, Schmutz zu beseitigen. Die Brunnenschale, 5,50 Meter lang, wurde von ihrem bislang unsichtbaren Betonsockel gesägt - in einem Stück. Sie besteht zwar aus mehreren Einzelteilen, heute, Dienstag, wird sie jedoch komplett hinüber transportiert auf den Bunnemannplatz. Dort soll der Merkur-Brunnen, 1963 von Herbert Volwahsen eigens für den Alten Markt geschaffen, einen neuen Standort finden; die Finanzierung übernimmt die Stiftung der Stadtwerke. Der neue Sockel dort - abgesetzt vor der Treppe zum Mercure-Hotel - kann jedoch erst gegossen werden, wenn die Forstperiode endgültig Vergangenheit ist. Die Brunnentechnik soll nicht unterirdisch angelegt werden, sondern in einem Keller eines benachbarten Gebäudes.
Merkur, der antike Gott der Kaufleute, Reisenden und Diebe, muss seinen angestammten Platz räumen, weil auf dem Alten Markt, im Schnittpunkt der vier Straßen, ein neuer Brunnen entstehen soll. Das Objekt nach den Plänen der Landschaftsarchitektin Gräfin Adelheid Schönborn ist Bestandteil der Gesamtkonzption der Altstadtsanierung. Ein Modell gibt es bislang nicht. Der Brunnen aus Naturstein soll zum Verweilen einladen. Auf dem Rand wird man bequem sitzen können. Fontäne und Wasserstrahlen sollen zudem ein belebendes Element sein. Die Ratsparteien hatten sich einmütig für die Neuanlage ausgesprochen.
Armin Wenske, Ratsmitglied der »Bürgernähe«, die zum Zeitpunkt des Beschlusses noch nicht im städtischen Parlament vertreten war, ärgert sich trotzdem und spricht von einer »Nacht-und-Nebel-Aktion«. Mitglieder der Wählerinitiative hatten an den letzten Wochenenden stundenweise Unterschriften für den Verbleib des Merkurbrunnens gesammelt und über 3000 zusammen bekommen. Die Listen will Wenske am morgigen Mittwoch dem Oberbürgermeister überreichen. »Wir halten an dem Termin fest,« sagt Wenske. Er gehe nach wie vor davon aus, dass der Brunnen den Alten Markt nur deshalb habe räumen müssen, um nach Abschluss der Sanierungsarbeiten dort wieder hin zurück zu kehren. Wenske: »Hätte man uns über die Aktion informiert, wären wir gern bereit gewesen, während des Abbaus des Brunnens Bürgern Rede und Antwort zu stehen.«
Nach Informationen dieser Zeitung hat die Verwaltung die Bezirksvertretung im nichtöffentlichen Teil der jüngsten Sitzung der Bezirksvertretung Mitte informiert, dass der Brunnen kurzfristig abgebaut werden müsse, wenn planmäßig am 29. März mit der Altstadtpflasterung begonnen werden solle. Der Vorschlag, die Aktion im Vorfeld der Öffentlichkeit bekannt zu machen, soll von der Mehrheit der Kommunalpolitiker abgelehnt worden sein.
Erheblichen Unmut in der Bürgerschaft gab es in jüngster Zeit schon, als die Bauverwaltung plante, den Merkurbrunnen auf dem städtischen Bauhof einzulagern, weil die »Umzugskosten« den Sanierungsetat überschritten hätten. Oberbürgermeister Eberhard David gelang es schließlich, die Stadtwerke-Stiftung zu überzeugen, die Kosten zu übernehmen.

Artikel vom 08.03.2005