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Kohle an der
Börse machen

RAG-Konzern wird umgebaut

Essen (dpa/Reuters). Der Energie- und Chemiekonzern RAG will im Mai 2006 an die Börse gehen. Dem Plan von Vorstandschef Werner Müller hätten die Anteilseigner RWE, E.ON. und ThyssenKrupp grundsätzlich zugestimmt, sagte am Wochenende Konzernsprecher Christian Kullmann in Essen.

Dieser Darstellung widersprachen Sprecher von E.ON, RWE und ThyssenKrupp allerdings am Sonntagabend. Übereinstimmend erklärten sie, die Aussagen der RAG seien »unverständlich«, »mit den Eigentümern nicht abgestimmt« und entsprächen »nicht den Tatsachen«.
Laut dem Plan mit dem Codenamen »Alpha« soll der Erlös von mindestens fünf Milliarden Euro für die Risiko-Haftung im Bergbau eingesetzt werden. RAG (früher Ruhrkohle AG) hofft, nach dem Börsengang in den Deutschen Aktienindex DAX aufrücken zu können.
Nach den gesetzlichen Vorgaben muss die RAG mit ihrem gesamten Vermögen für alle Risiken haften, die durch den Bergbau entstehen könnten. Wegen der Haftung und der öffentlichen Subventionen für den Bergbau sind die Anteile für die Eigner RWE, E.ON und ThyssenKrupp bislang wertlos, weil sie keine Dividende erhalten dürfen. Aus Finanzkreisen war jedoch zu erfahren, dass die Unternehmen daher bereit seien, ihre Anteile für einen symbolischen Euro an ein noch zu gründendes Bankenkonsortium zu geben, das den Börsengang vorbereiten soll.
Das Vermögen der RAG wird auf rund neun Milliarden Euro geschätzt. Die Haftungsmasse der RAG bezifferte der frühere Bundeswirtschaftsminister Müller in einem Gespräch mit Vorständen dagegen auf etwa vier Milliarden Euro. »Diese Summe ist aus dem Börsengang zu erwarten«, sagte Müller. Der Erlös soll von der Bundesregierung zur Deckung künftiger Bergbau-Kosten in einem Fonds angelegt werden. »Damit sind wir für den Kapitalmarkt risikofrei«, erläuterte Müller in der Vorstandssitzung.
Neben Bund und Land hat dem Vernehmen nach auch die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) zugestimmt. Denn auch für die Arbeitnehmer soll es nach dem Börsengang Planungssicherheit geben. Vorgesehen ist nach Angaben aus Unternehmenskreisen, dass die öffentlichen Zuschüsse für den Bergbau für jeweils fünf Jahre verhandelt werden. Änderungen können von der Politik für den jeweils anschließenden Zeitraum frühzeitig angekündigt werden.
Die unternehmerische Führung des Bergbaus soll bei der dann börsennotierten RAG bleiben. Für mögliche Defizite in diesem Bereich will der Konzern aber dann nur noch bis zu einer Summe von 100 Millionen Euro haften.
Als »mutige unternehmerische Entscheidung« hat der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD) die Börsenpläne des RAG-Konzerns begrüßt. Wenn die RAG langfristig auf Wachstum setze, eröffne sich für viele Menschen in der Region eine verlässliche Zukunftsperspektive.
Auch die Spitzen der Bundesregierung hätten Unterstützung für einen Börsengang zugesagt. »RAG-Chef Werner Müller ist sicher, dass die Bundesregierung die Pläne unterstützt«, hieß es gestern.

Artikel vom 07.03.2005