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Hunderte unter den
Trümmern verschüttet

Schweres Erdbeben erschüttert den Südosten des Iran

Dahuyeh (dpa). Von dem Dorf Dahuyeh im Südosten des Iran ist nicht viel übrig geblieben: Ein Erdbeben der Stärke 6,4 auf der Richterskala zerstörte den Ort und tötete vermutlich viele der etwa 1500 Einwohner. Rettungskräfte rechnen mit mehr als 500 Toten in dem gesamten Bebengebiet.

»Das war unser Dorf, unser Dorf«, sagt Fatemeh Arabpur immer wieder. Die 37-jährige Frau ist sichtlich traumatisiert. Ihre Eltern sind bei den Erdstößen ums Leben gekommen. Dahuyeh ist eines von mindestens fünf Dörfern, die von dem Beben gestern Morgen zerstört wurden.
»Die Menschen, die noch geschlafen haben, sind wahrscheinlich alle tot. Wer schon aufgestanden war für die Morgengebete, hat überlebt«, sagte ein Mitglied der Rettungskräfte. Die Einwohner Dahuyehs graben in den Ruinen der zumeist einfachen Lehmhäuser, die nach Einschätzung der Rettungskräfte auch durch ein Erdbeben geringerer Stärke eingestürzt wären. Der Räumeinsatz der Menschen wird aber immer wieder von professionellen Helfern unterbunden. »Sie treffen mit ihren Schaufeln vielleicht die Köpfe der Opfer unter den Trümmern«, sagte einer der Männer aus einer Rettungsmannschaft.
Die Einwohner Dahuyehs gehen von mehreren tausend Toten aus, insgesamt wohnten in den Dörfern etwa 30 000 Menschen. Die Polizei spricht bislang von einigen hundert Toten und mehreren hundert Verletzten. »Bedenkt man allerdings die Einwohnerzahl und die Schäden, könnte es sein, dass die Schätzungen der Bewohner vielleicht nicht falsch sind«, sagt ein Sprecher. Einige der betroffenen Dörfer liegen nördlich der Hauptstadt der Provinz Kerman und können wegen der chaotischen Zustände auf den Straßen nur per Hubschrauber erreicht werden. Schwerverletzte werden in Krankenhäuser in die Stadt Zarand ausgeflogen.
Fatemehs Mann versucht unterdessen verzweifelt, mit bloßen Händen Überlebende und Tote aus den Trümmern auszugraben. Seine Frau murmelt immer wieder: »Das war unser Dorf, unser Dorf.«
Das Beben um 5.55 Uhr Ortszeit im Südosten des landes hat viele Menschen im Schlaf überrascht. Besonders betroffen war auch die Stadt Zarand in der Provinz Kerman mit 130 000 Einwohnern. Unter den Trümmern von Gebäuden werden viel Todesopfer befürchtet.
Das Unglücksgebiet liegt nach Angaben der iranischen Botschaft in Berlin etwa 200 Kilometer von der historischen Stadt Bam entfernt. Dort waren im Dezember 2003 bei einem Erdbeben mehr als 30 000 Menschen getötet worden.
Die Rettungshundestaffel der Malteser ist in Alarmbereitschaft, teilte die Hilfsorganisation in Köln mit. Offizielle Hilfsanfragen der iranischen Regierung lägen noch nicht vor. Auch die Organisationen Caritas international und Diakonie Katastrophenhilfe prüfen, wie Unterstützung in die Region gebracht werden kann.
Iran zählt zu den besonders erdbebengefährdeten Zonen. Das letzte große Beben in Bam hatte eine Stärke von 6,3 auf der Richterskala.

Artikel vom 23.02.2005