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Autoverleihern bläst Wind ins Gesicht

Unfallersatztarife in der Diskussion - Gutachter für OWL bestellt

Bielefeld (WB/uko). Die Autoversicherer blicken mit gespannter Erwartung nach Bielefeld: Nachdem der Bundesgerichtshof (BGH) die sogenannten »Unfallersatztarife« der Autovermieter in Frage gestellt hat, entschied das Landgericht Bielefeld nun in einem Präzedenzfall, einem Kfz-Verleiher zur Klärung des Verfahrens einen sachverständigen Betriebsprüfer ins Haus zu schicken.

Die Assekuranzen betrachten die Tarifsituation seit Jahren mit ohnmächtiger Wut: Sofern ein Unfallopfer während der Instandsetzung seines Fahrzeugs einen Leihwagen mietet, kann er seine Ansprüche daraus an den Verleiher abtreten. In einem solchen Schadensfall steht dem Mieter allerdings stets nur der »Unfallersatztarif« zur Verfügung. Und diese Preise sind nach Ansicht der Versicherungen »mehr als überhöht« oder gar doppelt so hoch wie der Normaltarif.
Nicht anders erging es dem Bielefelder Ulrich D., der nach einem Verkehrsunfall am 28. Dezember 2003 einen Personenwagen für insgesamt acht Tage mietete. Preis nach dem »Unfallersatztarif«: 1 800, 98 Euro. Die Württembergische Versicherung erkannte die Haftung zwar an, zahlte indes für den Mietwagen nur 990 Euro. Falk Held, Bielefelder Fachanwalt für Versicherungsrecht: »Die Normaltarife der Autoverleiher sind viel niedriger.« Der Jurist vertrat die Assekuranz vor Gericht und erzielte jetzt einen unschätzbaren Erfolg.
Eine Handhabe hatten die Juristen aufgrund höchstrichterlicher Rechtsprechung bislang noch nicht. Das Amtsgericht Bielefeld entschied so in erster Instanz auch für den Autoverlieher. Nach neuester BGH-Rechtsprechung machten die Bundesrichter jedoch »eine Kehrtwendung«. Demnach sei zu prüfen, so Held, »ob und inwieweit ein solcher Tarif nach seiner Struktur als erforderlicher Aufwand zur Schadensbeseitigung angesehen werden kann«.
Die 21. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld zog daraus in der Berufungsverhandlung des Falles den einzig folgerichtigen Schluss: »Mit sachverständiger Hilfe« sei nach der Maßgabe des Bundesgerichtshof zu prüfen, ob der »Unfallersatztarif« des Autovermieters »gegenüber dem Normaltarif einen höheren Preis aus betriebswirtschaftlicher Sicht rechtfertigt.«
Nach Meinung des Kammervorsitzendem Hans-Dieter Dodt »bläst den Autoverleihern nun der Wind ins Gesicht«, nachdem jahrelang »die Versicherungen gekniffen waren«. Dodt erließ danach einen weitreichenden Beweisbeschluss, der unübersehbare Folgen haben wird: Ein Gutachter wird nun in Ostwestfalen-Lippe die Normaltarife statistisch erfassen, dann soll ein Betriebswirt auf dieser Grundlage die Buchhaltung des Bielefelder Autovermieters sachverständig unter die Lupe nehmen. Az. 21 S 290/04

Artikel vom 04.03.2005