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Spiel mit zwei Welten

»Gespenster« bleibt vage - George Michael überzeugt

Von Klaus Gosmann
Berlin (WB). Der dritte deutsche Berlinale-Wettbewerbsbeitrag, »Gespenster«, ist ein französischer Film. Nicht nur, weil die Franzosen ihn mit produziert haben, sondern auch von seiner Machart her.
Mit Brille und Dreitagebart: George Michael in Berlin.
Wie es der Titel bereits suggeriert, bewegt er sich inhaltlich stets im Vagen und nicht Greifbaren. Im wahrsten Sinn des Wortes, denn die Enddreißigerin Francoise (Marianne Basler) sucht nach ihrer Tochter, die vor vielen Jahren in Berlin entführt wurde. Nach einer flüchtigen Begegnung meint sie, ihr Kind gesehen zu haben. Doch das Mädchen, das sie kurz getroffen hat, hört auf einen ganz anderen Namen als ihr Nachwuchs und heißt Nina (Julia Hummer).
Der Teenager ist in einem betreuten Wohnprojekt untergebracht und umgibt sich am liebsten mit der Herumtreiberin Toni (Sabine Timoteo). Zwei körperliche Merkmale sprechen dafür, dass Nina Francoises Tochter ist, dennoch gibt es keine Gewissheit.
Regisseur Christian Petzold (»Die innere Sicherheit«) ging es darum, zwei Mädchen, die absolut in der Gegenwart leben, auf jemanden treffen zu lassen, der völlig in der Vergangenheit stehen geblieben ist. Dennoch haftet dieser Personenkonstellation etwas Künstliches an: Warum muss ausgerechnet ein wohlsituiertes, gut aussehendes Paar - Francoise ist mit ihrem Ehemann unterwegs - auf Klischee triefende Berliner Gossen-Rotznäsigkeit treffen, damit daraus eine vermeintlich attraktive Geschichte wird? Warum nicht mal einander ähnlichere Milieus aufeinandertreffen lassen und daraus etwas Interessantes machen? »Gespenster« hat seine guten Szenen, so zum Beispiel als die Heranwachsenden an einem Filmcasting teilnehmen und auf einer Party der Filmleute landen: Hier prallen tatsächlich zwei Welten aufeinander, deren Reibungspunkte neugierig machen.
Die Neugierde war ebenfalls groß, als Popsänger George Michael in der Panorama-Sektion des Festivals einen Dokumentarfilm über sich, »George Michael - A different story« persönlich vorstellte. Er bekannte, in der Vornacht der Festival-Premiere vor Aufregung kaum geschlafen zu haben. Die Angst war unbegründet: Der unter der Regie von Southan Morris entstandende Dokumentarfilm über die wechselhafte, aber mit vielen Stehauf-Qualitäten durchlebte Karriere des ehemaligen »Wham«-Sängers wusste mit seiner Mischung aus aktuellen Interviews, Zeitzeugen-Berichten mit hoher Promi-Dichte und Archivmaterial zu überzeugen. Gegen Ende der Pressekonferenz entschuldigte sich der Anfangsvierziger noch für die vielen »Mode-Verbrechen«, die er in den 80er Jahren mitbegangen habe. Sie sind hiermit verziehen, denn ohne sie würde der äußerst sehenswerte Film einige Lacher weniger und auch nicht das Qualitätsprädikat »buntschillernd« verliehen bekommen haben.

Artikel vom 17.02.2005