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Aktionsplan soll Kinder fördern

Kinderfreundlich werden: Schutz vor Gewalt und bessere Hilfe für Eltern

Berlin (AP). Die Bundesregierung will Deutschland bis 2010 zu einem der kinderfreundlichsten Länder Europas machen. Dazu beschloss das Bundeskabinett gestern einen »Nationalen Aktionsplan für ein kindgerechtes Deutschland 2005-2010«.
Der von Familienministerin Renate Schmidt (SPD) vorgelegte Plan geht auf den UN-Weltkindergipfel des Jahres 2002 zurück und wurde unter Beteiligung von Kindern und Jugendlichen entwickelt. »Kinder sind unser gesellschaftliches Vermögen, sie brauchen die bestmöglichen Bedingungen beim Aufwachsen«, betonte Schmidt.
Im europäischen Vergleich liege Deutschland bei der Familienfreundlichkeit im Moment eher an unterer Stelle, beklagte sie. Der Aktionsplan solle als Bestandsaufnahme und als »Leitfaden« für die ganze Gesellschaft dienen. Er enthalte keine spektakulären neuen Forderungen, solle aber einen Mentalitätswandel anstoßen. Deutschland sei nicht familienfeindlich, aber »Kinder nicht mehr gewöhnt«, kritisierte die SPD-Politikerin.
So werde Kinderlärm störender empfunden als Verkehrslärm. »Man kann mit einer mannshohen Dogge wahrscheinlich eher 'ne Mietwohnung finden als mit zwei Kindern«, vermutet Schmidt. Der Aktionsplan setzt sechs Schwerpunkte, allen voran Chancengleichheit durch Bildung. Wie in keinem anderen Land Europas bestimme hier zu Lande der soziale Hintergrund den Bildungserfolg und damit die Berufschancen der Jungen und Mädchen, rügte Schmidt. »Das können wir uns nicht mehr leisten.« Notwendig sei eine möglichst frühe Förderung ebenso wie eine erweiterte Ausbildung der Erzieher.
Schmidt wies darauf hin, dass an dem Plan beteiligte Kinder von sich aus besseren Unterricht und mehr Hilfe bei den Hausaufgaben gefordert hätten. Neben einem besseren Betreuungsangebot soll auch die Erziehungsfähigkeit von Eltern durch Beratung gestärkt werden. Oberste Priorität gilt ebenso dem Schutz vor Gewalt. »Es gibt nichts Abscheulicheres als Gewalt an und Ausbeutung von Kindern«, betonte Schmidt. Weiteres Ziel ist die Förderung eines gesunden Lebens und gesunder Umweltbedingungen etwa durch Aufklärungskampagnen gegen Alkohol- und Tabakkonsum und für vernünftige Ernährung.
Darüber hinaus müssten Kinder und Jugendliche die Möglichkeit haben, ihre Interessen einzubringen und an sie betreffenden Entscheidungen mitzuwirken, forderte Schmidt. Solche Beteiligung stärke die Demokratie und beuge »extremistischen Anfechtungen« vor. Speziell für Kinder zwischen acht und zwölf Jahren startete das Ministerium die Internetseite kinder-ministerium.de, die viele Informationen über Beteiligungsmöglichkeiten und Kinderrechte bietet.
Noch in dieser Legislaturperiode will Schmidt eine Art »Kompass« auf den Weg bringen, der Familien den Weg durch den bundesdeutschen Förderdschungel weisen und ihnen erleichtern soll herauszufinden, welchen Anspruch sie haben und wo sie welchen Antrag stellen müssen. Eine auch von den Grünen geforderte »Familienkasse«, die alle staatlichen Familienleistungen bündeln würde, hält sie für nicht so schnell zu verwirklichen: »Das wird sehr, sehr schwierig werden.«
Hilfsorganisationen begrüßten den Aktionsplan. So lobte ihn die Caritas als ein »hilfreiches Instrument«. Die Kindernothilfe betonte, sie werde die Bundesregierung bei der Armutsbekämpfung beim Wort nehmen.

Artikel vom 17.02.2005