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Frankfurter
Muster-Urteil

Wettskandal: Prozess-Lawine droht

Frankfurt/Main (dpa). Die Gerichts-Lawine kommt ins Rollen: Dem deutschen Fußball droht nach dem Grundsatzurteil des DFB-Sportgerichts im Wett- und Betrugsskandal eine Flut von Spielwiederholungen und weiteren Prozessen.

Ê Die Verhandlungstermine für die weiteren Einsprüche gegen zehn Meisterschaftsspiele der drei höchsten Spielklasse stehen noch nicht einmal fest, da erwägt Zweitligist LR Ahlen nach der Neuansetzung seines manipulierten 1:0-Siegs über den SV Wacker Burghausen bereits den Gang vor das DFB-Bundesgericht.
»Ich gehe davon aus, einfach deswegen, weil wir uns keine Fehler vorzuwerfen haben. Im wirklichen Leben wäre so etwas eine Farce gewesen, aber das zählt beim DFB ja wohl nicht«, sagte LR-Präsident Helmut Spikker.
Dabei dürfte das erste »Muster-Urteil« des DFB-Sportgerichts, das das vom inhaftierten Robert Hoyzer mutwillig verpfiffene Spiel aus der Wertung nahm und eine Wiederholung anordnete, Beispiel-Charakter für die weiteren Einspruchs-Verfahren im Manipulationsskandal haben.
Doch statt einem raschen Ende könnte es zu einer endlosen Einspruchs- und Prozesslawine kommen. Dabei sind die Voraussetzungen für die Neuansetzung eines verschobenen Spiels klar: Es muss die Verabredung zur Manipulation nachweislich vorliegen - und diese auch erfolgreich umgesetzt worden sein. So hatte der Sportgerichts-Vorsitzende Rainer Koch sein Urteil begründet.
Folglich wäre die Neuansetzung der Bundesliga-Begegnung 1. FC Kaiserslautern - SC Freiburg (3:0) vom 27. November 2004 unwahrscheinlich. Denn eine entsprechende Vereinbarung von Schiedsrichter Jürgen Jansen, der vom DFB derzeit freigestellt ist, mit Wettkunden liegt nach derzeitigen Erkenntnissen nicht vor.
Anders im Fall von Zweitliga-Spitzenreiter MSV Duisburg, den es wohl am härtesten treffen kann. Denn auch gegen dessen Siege am 26. September daheim mit 1:0 gegen den Tabellendritten SpVgg Greuther Fürth, der die Wiederholung aller von Hoyzer geleiteten Spiele in dieser Saison forderte, sowie am 3. Dezember mit 3:0 auswärts gegen den Karlsruher SC, haben die unterlegenen Kontrahenten Protest eingelegt. Und: Schiedsrichter Dominik Marks wird bereits Last gelegt, »mit Kunden von Wettbüros Verabredungen zur Manipulation« der Partie KSC gegen Duisburg getroffen zu haben.
»Wichtig ist, dass wir eine Linie für alle Verfahren durchziehen. Wir versuchen aber, uns von Fall zu Fall vorzuarbeiten, um gerecht die jeweiligen Einspruchsfälle aufarbeiten zu können«, stellte Koch klar. Doch was ist mit den Spielen, in denen das zuvor verabredete Resultat nicht zu Stande kam - so wie beim 1:3 der SpVgg Unterhaching gegen den 1. FC Saarbrücken? »Ein gescheiterter Manipulationsversuch kann nicht dazu führen, dass ein Spiel wiederholt wird«, meinte der Kontrollausschussvorsitzende Hilpert.
Eile ist den Verhandlungen allerdings auch geboten. In rund drei Monaten enden die Spielzeiten. Neue Verhandlungstermine sind noch nicht bekannt.

Artikel vom 17.02.2005